Martinz: Bayern wollten Hypo unbedingt

Am Dienstag ist in Wien der Zivilprozess der Bayerischen Landesbank (BayernLB) gegen die Hypo-Alpe-Adira Mitarbeiterstiftung fortgesetzt worden. Am Nachmittag sagte Ex-Landesrat Josef Martinz aus. Demnach hätten die Bayern die Hypo unbedingt haben wollen.

Die bayrischen Banker fühlen sich beim Kauf der Hypo-Bank getäuscht. In dem Musterprozess will die BayernLB zehn Millionen Euro von der Stiftung zurück. Der Prozess wird sich vermutlich noch bis zum Herbst hinziehen. Die nächste Verhandlung ist für 30. April geplant.

Martinz kann Vorladung nicht nachvollziehen

Vor dem Gerichtstermin sagte Martinz, ehemaliger Vorstand der Landesholding, er könnte nicht nachvollziehen, warum er aussagen müsse: „Ich bin nicht in der Bank gesessen, hatte nicht mit Bankgeschäften zu tun oder Prüfungesroutinen der Bayern.“ Er habe keine Täuschung der BayernLB beim Verkauf der Hypo wahrgenommen: „Wenn man sich zurückerinnert, gab es große Euphorie auf allen Seiten. Der Käufer, die Bayerische Landesbank wollte sich am südosteuropäischen Raum etablieren.“ Was danach passiert sei, habe aus Martinz’ Sicht die BayernLB zu verantworten. Derzeit läuft sein Berufungsverfahren, er wurde ja im Untreueprozess der Causa Birnbacher zu 5,5 Jahren Haft verurteilt. Von Journalisten gefragt, ob er diesen Prozess noch immer als Schauprozess bezeichnen würde, sagte Martinz, er habe dafür keine andere Bezeichnung.

Haider stellte BayernLB vor

Im Frühjahr 2007 habe ihm der damalige Landeshauptmann Jörg Haider die BayernLB als möglichen Käufer für die Kärntner Hypo vorgestellt, sagte Martinz dann vor dem Handelsgericht Wien am Dienstagnachmittag aus. Für Martinz, damals auch Aufsichtsratsvorsitzender der Kärntner Landesholding (KLHD), seien die Bayern „wie aus dem Nichts gekommen“. Es habe zahlreiche Gespräche über den Verkauf gegeben, es sei alles sehr schnell gegangen, erinnerte sich Martinz.

Seiner Ansicht nach wollte die BayernLB die Kärntner Hypo unbedingt erwerben, es ging um den Kauf des südosteuropäischen Marktes. Mit einem Schlag kauften die Bayern die größte Bank in diesem Raum, betonte Martinz. Über das Eigenkapital der Kärntner Hypo sei damals nicht gesprochen worden - das war kein Thema.

Bayern fühlen sich getäuscht

Hintergrund des Zivilprozesses mit einem Streitwert von zehn Mio. Euro ist, dass sich die BayernLB von der Mitarbeiterstsiftung (MAPS) bei zwei Kaufverträgen über Hypo-Aktien im Jahr 2007 um insgesamt 117 Mio. Euro „arglistig“ getäuscht sieht. Die MAPS hätte diese Kaufverträge im Wissen der eigenkapitalschädlichen Nebenabreden mit den Vorzugsaktionären der Hypo Leasing abgeschlossen, so der Vorwurf. Nach Ansicht der Bayern war das Eigenkapital der Kärntner Hypo aufgrund der eigenkapitalschädlichen Vorzugsaktien-Deals samt Nebenabreden um zumindest 150 Mio. Euro zu hoch ausgewiesen. Deshalb fordert die BayernLB zunächst 10 Mio. Euro von der MAPS zurück, die diese Vorwürfe bestreitet.

Zentrale sollte in Kärnten bleiben

Für Martinz ging es um die Vorteile für das Land Kärnten, seine Rolle sei auf politischer Ebene angesiedelt gewesen, führte Martinz aus, der damals in Kärnten Landesrat für Agrar- und Europäische Angelegenheiten war. Sehr bald wurde von den Bayern klargemacht, dass sie die Mehrheit an der Kärntner Hypo haben wollten. Das konnte die KLHD nicht alleine liefern, weshalb auch die anderen Hypo-Aktionäre wie die Berlin & Co., aber auch die MAPS ins Spiel gekommen seien. Die im Zivilprozess beklagte MAPS spielte Martinz zufolge aber lange Zeit keine Rolle - sie hielt nur einen kleinen Anteil an der Hypo. Für Kärnten war damals die Standortgarantie eine wichtige Frage - etwa dass die Zentrale der Bank für Südosteuropa in Kärnten bleibe.

Birnbacher kam ins Spiel

Vor der Unterzeichnung des Kaufvertrages am 22. Mai 2007 habe es ein Zusammentreffen mit den Bayern und der bayerischen Regierung in München gegeben, wo es um die Zusammenfassung der Verhandlungen ging, so Martinz. Auf technischer Ebene sei mit der Abwicklung des Kaufprozesses der Villacher Steuerberater Dietrich Birnbacher beauftragt worden - mehr dazu in Causa Birnbacher: Vier Schuldsprüche (kaernten.ORF.at; 1.10.2012).

Kemmer wollte nichts sagen

Am 18. April sagte der ehemalige Finanzvorstand der BayernLB, Michael Kemmer, aus. Bei der Frage, welches Ziel die Bayern mit dem Kauf der Hypo verfolgt hätten, entschlug er sich der Aussagen. Gegen Kemmer laufen in Deutschland ein Straf- und ein Schadenersatzverfahren. Kemmer wollte überhaupt keine Aussagen zum Kauf der Hypo oder die folgende Notverstaatlichung sagen.

Auf die Frage von Richterin Charlotte Schillhammer, ob er Wahrnehmungen zur Notverstaatlichung der Kärntner Hypo habe, meinte Martinz: „Viele Wahrnehmungen“, was ihm Lacher der Anwälte brachte. Dass über Anfechtungsrechte bei der Verstaatlichung gesprochen worden sei, daran konnte sich der gebräunte Ex-ÖVP-Obmann nicht erinnern.

„Wende der Bayern dramatisch“

Für ihn war es die größte Überraschung, dass die Bayern in Kenntnis der schwierigen Lage der Hypo, in die die Bank seit dem Sommer 2009 immer stärker geriet, eine sehr plötzliche, dramatische Wende vollzog: Die Bayern wollten der Hypo zunächst Kapital zuschießen, später ließen sie die Bank fallen, so Martinz. Die dramatische Wende sei im Oktober 2009 erfolgt, als durchsickerte, dass die BayernLB kein Kapital nachschießen würden.

„Für uns war es ein sehr wichtiger Schritt, die in Wien zu überzeugen“, die Verstaatlichung ins Auge zu fassen, gab der Zeuge zu Protokoll. „Die Verstaatlichung war aus meiner Sicht der richtige Weg“, betonte Martinz. Es hätte die Zerschlagung bzw. der Konkurs mit allen nicht auszumalenden Konsequenzen. Bei den Verhandlungen wurde über den Buchwert der Kärntner Hypo nicht gesprochen, dazu sei die Lage zu dramatisch gewesen. Knackpunkt sei gewesen, wie viel Geld die BayernLB an Eigenmittel nachschießen.

Xander und Felsner als Zeugen

Nach Josef Martinz waren noch Ex-Hypo-Vorstand Gerd Xander und der Leiter der Finanzabteilung Kärntens, Horst Felsner, als Zeugen geladen. Xander schilderte die Vorgänge im Vorfeld der Verstaatlichung, in die er damals als Vorstand der Kärntner Landesholding (KLHD) eingebunden war. Es habe im November 2009 eine Sitzung gegeben, bei der die BayernLB einen Kapitalbedarf von 1,1 bzw. 1,2 Mrd. Euro bei der Kärntner bezifferten und abklären wollten, ob die übrigen Eigentümer zu einem Kapitalzuschuss bereit waren, erinnerte sich heute Xander. Bei einem späteren Treffen im KPMG-Büro in Wien sei vom damaligen Hypo-Chef Franz Pinkl ein höhere Kapitalbedarf - zwei Mrd. Euro - genannt worden.

Der Kaufpreis von einem Euro für die Altaktionäre der Kärntner Hypo bei der Verstaatlichung war eine Vorgabe der Republik, beantwortete Xander die Fragen der Anwälte. „Über einen anderen Kaufpreis wurde nicht verhandelt.“

Felsberger: „Beichtstuhlverfahren“

Felsner sagten aus, er sei bei den technischen Gesprächen am Samstag vor der Verstaatlichung dabei gewesen und auch am Rande der politischen Gespräche vom 13. auf den 14. Dezember 2009. Die Gespräche seien „in einer Art Beichtstuhlverfahren durchgeführt worden“. Seinen Aufzeichnungen zufolge wurde damals gesagt, dass die Hypo einen negativen Marktwert hätte.

Zeuge Wolfgang Peter: „Eigenkapital knapp“

Am Dienstagvormittag sagte der Ex-Vorstand der Hypo, Wolfgang Peter, als Zeuge aus. Die Hypo war 2006/07 „sehr knapp“ beim Eigenkapital, so der Zeuge. „Für uns war es klar, dass zusätzliches Eigenkapital notwendig war“, betonte Peter unter Hinweis auf das Wachstumsmodell in Richtung Südosteuropa. Der ebenfalls als Zeuge geladene Ex-Chef der Hypo Alpe Adria und der Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG), Franz Pinkl, verweigerte dagegen die Aussage, weil er Beschuldigter in einem strafrechtlichen Verfahren sei.

Auch Peter werde als Beschuldigter im Zusammenhang mit Ermittlungen in einigen Hypo-Kreditfällen geführt, gab der Ex-Hypo-Vorstand zu Protokoll. Das strafrechtliche Verfahren über die zweite Tranche des Vorzugsaktien-Deals sei gegen ihn eingestellt worden, berichtete der Zeuge Richterin Charlotte Schillhammer weiter.

Von Bayern „aus dem Fernsehen“ erfahren

Peter war Hypo-Vorstandsmitglied für den Risiko- und Finanzbereich von Ende 2006 bis zum Frühjahr 2010. Vom Einstieg der BayernLB bei der Hypo Alpe Adria im Mai 2007 habe er aus dem Fernsehen erfahren. Er sei damals überrascht gewesen, ein davor von den BayernLB durchgeführte „Due Diligence“ (Tiefenprüfung) wurde im als „Prüfung von Sicherheiten“ der BayernLB, die Kreditgeber der Hypo war, kommuniziert, erinnerte sich Peter heute. Fünf Tage später wurden die Aktienkaufverträge am 22. Mai 2007 unterzeichnet.

2008 habe es bereits erste Gerüchte gegeben, dass es die im Prozess umstrittenen Nebenabreden zu den Vorzugsaktien-Deals der Hypo Leasing gegeben hätte, deshalb wurden für den Rückkauf der Vorzugsaktien rund 200 Mio. Euro reserviert, bestätigte Peter heute seine ihm vorgehaltene Aussage vor der Staatsanwaltschaft aus dem Jahr 2011. Ob die Ex-Hypo-Chefs Wolfgang Kulterer und Tilo Berlin Kenntnis von den Nebenabreden hatten, wusste Peter nicht. „Ich habe die Nebenvereinbarungen nie unterschrieben bzw. gesehen“, sagte er aus.

"Immer wieder Diskussionen über Eigenkapital

Nach dem Einstieg der BayernLB habe es immer wieder Diskussionen über die Qualität des Eigenkapitals bei der Hypo gegeben. 2008 sei der Vorschlag gekommen, dieses Problem vom Tisch zu bekommen, schilderte Peter. Seiner Ansicht nach waren die Bayern an einer Bereinigung interessiert. Im Sommer 2008 habe es auch ein Eigenmittelverfahren bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) gegeben, erinnerte sich Peter. Im Rahmen dieses Verfahrens hätte sich die BayernLB schriftlich hinter ihre Kärntner Tochter gestellt.

Kapitalerhöhung 2008

Ende 2008 wurde bei der Hypo dann eine Kapitalerhöhung im Ausmaß von 700 Mio. Euro durchgeführt. 500 Mio. Euro waren für Wertberichtigungen vorgesehen, 200 Mio. Euro für den Rückkauf der Vorzugsaktien, schilderte der Ex-Hypo-Vorstand. Im ersten Halbjahr 2009 kam es dann infolge der globalen Finanz-und Wirtschaftskrise zu einer dramatischen Verschlechterung der Märkte in Südosteuropa, der Vorsorgebedarf zum Halbjahr 2009 erhöhte sich. Auf Wunsch des Aufsichtsrats der BayernLB sei es zu einem Asset-Screening bei der Kärntner Bank gekommen. In die Notverstaatlichung der Bank sei er als Vorstandsmitglied involviert gewesen, so Peter.

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