Mehrjährige Haftstrafen im Styrian-Spirit-Prozess

Die Ex-Hypo-Manager Wolfgang Kulterer und Gert Xander sind am Freitag im Untreueprozess um die Fluglinie Styrian Spirit schuldig gesprochen worden. Kulterer wurde zu zweieinhalb Jahren, Xander zu zwei Jahren Haft verurteilt. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Die beiden Männer hatten auf Wunsch des damaligen Landeshauptmannes Jörg Haider die Bank im Jahr 2005 mit einem unbesicherten Zwei-Millionen-Kredit an die marode Fluglinie Styrian Spirit wissentlich geschädigt, befand der Schöffensenat des Klagenfurter Landesgerichts. Die Angeklagten hätten ihre Befugnisse „wissentlich missbraucht und der Bank einen Schaden zugefügt“, sagte Richter Christian Liebhauser-Karl in der Urteilsverkündung. Es sei im Prozess klar herausgekommen, dass bei der Kreditvergabe zum Schaden der Bank ein politischer Wille umgesetzt worden sei, so der Richter.

Die Fluglinie sei unmittelbar vor der Zahlungsunfähigkeit gestanden. Nun sei zu prüfen gewesen, ob die Angeklagten zum Zeitpunkt der Kreditvergabe über die Insolvenzgefährdung Bescheid gewusst hätten, so der Richter. Für Spitzenmanager wie die Angeklagten habe es an der Entwicklung der Unternehmenszahlen erkennbar sein müssen, dass diesem Unternehmen die Insolvenz drohe. Eine Kreditvergabe an ein insolvenzgefährdetes Unternehmen gänzlich ohne Sicherheiten stelle den objektiven Tatbestand der Untreue dar.

Zu hoher Schadenersatzzahlung verurteilt

Außerdem wurden die beiden Angeklagten zu einer Schadenersatzzahlung an die Hypo in der Höhe des Kredits - zwei Millionen Euro - plus Zinsen sowie zum Kostenersatz für das Verfahren verurteilt. Der dritte Angeklagte, Ex-Prokurist Albin Ruhdorfer, wohnte dem Prozess krankheitsbedingt nicht bei. Sein Verfahren wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt.

Styrian Spirit Urteil Vorbericht

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Wolfgang Kulterer

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Verteidiger Ferdinand Lanker und Gernot Murko kündigten Nichtigkeitsbeschwerde und volle Berufung an. Der Staatsanwalt und der Privatbeteiligtenvertreter gaben keine Erklärung ab. Es war dies bereits die zweite Auflage in diesem Prozess. Im ersten Prozess wurden die beiden Angeklagten freigesprochen, das Oberlandesgericht Graz hob das Urteil auf.

Kulterer: Bin fassungslos

Kulterer meinte nach dem Urteil er sei „fassungslos“. Schon der erste Freispruch sei „mit der juristischen Brechstange“ aufgehoben worden, das nunmehrige Urteil sei aber „völlig unverständlich“. Er werde es mit seinem Anwalt deswegen bekämpfen. Dann werde es bis zu einem weiteren Urteil noch zwei Jahre dauern, er werde aber sicher nicht aufgeben. Kulterer blieb auch nach dem Urteil im ORF-Interview dabei, dass er unschuldig sei. Er habe nichts von der maroden Finanzlage der Fluglinie gewusst.

Staatsanwalt: Kein Zweifel an Untreue

Staatsanwalt Andreas Höbl forderte in seinem Plädoyer Schuldsprüche für die Angeklagten. Das Verfahren habe keinen Zweifel an ihrer Untreue gelassen, sie hätten über die desaströse Finanzlage der Fluglinie Bescheid gewusst. So habe Kulterer die Fluglinie als „Sanierungsfall“ bezeichnet.

Styrian Spirit Urteil Vorbericht Xander

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Ex-Hypo-Österreich-Chef Gert Xander

Als Positivbeispiel führte Höbl den ehemaligen Geschäftsführer der Kärntner Tourismusholding, Reinhard Zechner an. Dieser habe auf eine schriftliche Weisung bestanden und sich geweigert, eine Patronatserklärung abzugeben. Die Angeklagten hingegen hätten dem Wunsch des verstorbenen Landeshauptmannes Jörg Haider bedingungslos entsprochen, so Höbl. Dabei sei Xander als unmittelbarer Täter und Kulterer als Bestimmungstäter zu werten.

Verteidiger beantragten Freisprüche

Die Verteidiger sahen das anders und beantragten Freisprüche. Folge man den Ausführungen des Staatsanwalts, erwiderte Kulterers Verteidiger Ferdinand Lanker, dürfe man niemals mehr ein unternehmerisches Risiko eingehen. Sein Mandant sei gar nicht befugt gewesen, in die Kreditvergabe einzugreifen, weil er formell einer anderen Firma angehörte. Kulterer habe außerdem kein Motiv gehabt, die Bank zu schädigen: „Sie war sein Baby.“

Styrian Spirit Urteil Vorbericht

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Richter Christian Liebhauser-Karl

Gernot Murko, Xanders Verteidiger, meinte, es seien im Beweisverfahren keine Belege für eine Schuld seines Mandanten aufgetaucht. Außerdem habe sich die wirtschaftliche Lage der Fluglinie zum Zeitpunkt der Kreditvergabe nicht so schlecht dargestellt. Blankokredite an Landesgesellschaften seien damals üblich gewesen. Von den schlechten Halbjahreszahlen hätte Xander erst im Dezember - nach der Kreditvergabe - erfahren. Ein Schädigungsvorsatz sei jedenfalls nicht vorhanden.

Gutachter: Rückzahlung war nicht zu erwarten

Vor den Plädoyers war Gutachter und Wirtschaftsprüfer Josef Schima am Wort. Die beiden Kredite über je eine Million Euro seien ohne Garantien und Sicherheiten vergeben worden, sagte er. Die Sorgfaltspflichten seien verletzt worden, da die Fluglinie bereits zum Zeitpunkt der Kreditvergabe im September 2005 insolvenzgefährdet gewesen sei. Auch hätte die Fluglinie den Kredit nie zurückzahlen können, meinte Schima. Beide Millionen wurden an nur einem Tag verbraucht, um Schulden zu tilgen. Dem Management der Bank sei laut Schima bekannt gewesen, dass die Kreditvergabe riskant war.

Nicht die erste Verurteilung

Kulterer ist bereits im Vorjahr wegen Untreue zu 3,5 Jahren Haft verurteilt worden, und zwar im Zusammenhang mit einem Vorzugsaktiendeal der Hypo-Bank im Jahr 2006. Dieses Urteil ist ebenfalls nicht rechtskräftig. In den nächsten Monaten gibt es einen weiteren Hypo- Prozess, auch dabei geht es um die Vorzugsaktien. Auch Xander wurde bereits einmal verurteilt: Im Birnbacher-Martinz Prozess wurde er zu zwei Jahren Haft verurteilt, auch dieses Urteil ist nicht rechtskräftig.

Das bestritten Kulterer und Xander. Sie hätten nichts von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Fluglinie gewusst, betonten die Angeklagten am Freitag erneut. Kulterer legte als Beweis seinen Arbeitsvertrag vor, in dem vereinbart worden war, dass sich ein negativer Kredit sofort auf seine Erfolgsprämie auswirkt.

Anklage gegen Ruhdorfer erweitert

Der dritte Angeklagte Albin Ruhdorfer blieb der Verhandlung aus Krankheitsgründen fern, sein Verfahren wird nachgeholt. Allerdings hat Staatsanwalt Höbl am Donnerstag die Anklage gegen ihn erweitert. Er ist für ihn nicht mehr Beitragstäter, sondern unmittelbarer Täter.

Ausschlaggebend dafür war die Zeugenaussage des Hypo-Mitarbeiters Peter Hassler, Ruhdorfer habe ihn angewiesen, den Kreditantrag in Form eines Aktenvermerks zu verfassen. Laut Hödl musste die Entscheidung über die Ausweitung in dieser Hauptverhandlung fallen.

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