Bürgermeister: Situation eskalierte

Der erste Prozesstag im Fall Jost dauerte am Freitag bis in die frühen Abendstunden. Laut Aussage von Klagenfurts Bürgermeister Christian Scheider (FPK) sei die Situation im Fall Jost „irgendwann eskaliert“.

Gleich zu Beginn des Prozesstages hatte Richter Waldner klargestellt: Bürgermeister Christian Scheider (FPK) sei nicht als Zeuge geladen, sondern als Beklagter. Und als solcher wurde er auch - als erster an diesem Freitagvormittag - einvernommen. Scheider bezeichnete die Zusammenarbeit mit Jost als korrekt, trotz Zulagenaffäre und Kontrollamtsbericht.

Am 19. April 2010 sei die Situation allerdings eskaliert, wegen der großen medialen Aufmerksamkeit, die die Causa hervorgerufen habe. Aber auch, weil Jost selbst, statt seiner Versetzung zu den Stadtwerken zuzustimmen, drei Mitarbeiter suspendiert habe. Daher sei ihm nichts anderes übrig geblieben, als Jost selbst zu suspendieren, sagte Scheider. Er meinte in seiner Aussage, die Situation sei irgendwann „eskaliert.“

Jost: Wurde extrem unter Druck gesetzt

Von Peter Jost wollte Richter Wilhelm Waldner wissen, warum er der Vereinbarung bezüglich der Aufgabenteilung mit seinem Stellvertreter zugestimmt und diese unterschrieben habe. Jost begründete das damit, dass er extrem unter Druck gesetzt worden sei. Er habe in dieser Zeit in wenigen Wochen acht Kilogramm an Gewicht verloren, seine Familie habe massiv unter der Situation gelitten. Die Zusammenarbeit mit seinem Vize habe aber nicht funktioniert, da dieser nicht kooperationswillig gewesen sei.

Parkstrafen: Habe keine Stornos veranlasst

Ende März 2010 habe sein Stellvertreter ihn dann angezeigt, und zwar weil er, Jost, zwei Parkstrafen widerrechtlich storniert und damit Amtsmissbrauch begangen hätte. Er habe aber keine Stornos veranlasst. Der Bürgermeister habe dann eine Juristin der Stadt mit einer Überprüfung beauftragt. Diese Überprüfung habe Ungereimtheiten bei der Abrechnung zutage gefördert, worauf er den Bürgermeister darüber informiert habe, dass er seinen Stellvertreter suspendieren werde müssen. Jost: „Ich habe den Bürgermeister schriftlich und mündlich über die bevorstehende Suspendierung informiert.“ Die Größenordnung bezifferte Jost mit „etwa 1.000“.

Richter: „Einer von ihnen beiden lügt“

Richter Wilhelm Waldner wollte dann vom Bürgermeister wissen, ob er damals schon der Meinung gewesen sei, dass nur der Bürgermeister eine Suspendierung aussprechen könne. Scheider bejahte, worauf Waldner fragte: „Haben Sie sich damals mit dem Thema befasst?“ Über die bevorstehenden Suspendierungen sei er von Jost nicht informiert worden, er habe lediglich erwähnt, die betreffenden Personen würden „dienstrechtliche Schwierigkeiten“ bekommen. Waldner stellte dann lakonisch fest: „Einer von Ihnen beiden lügt.“

Schriftstück zu Suspendierung vorgelegt

Beide - Jost und Scheider - blieben bei ihrer Darstellung, Jost legte ein Schriftstück vor, mit dem er den Bürgermeister seiner Aussage zufolge über die bevorstehenden Suspendierungen informiert hatte. Der Bürgermeister habe das Schriftstück dann zur Seite gelegt. Scheider: „Ich kenne dieses Schreiben nicht, ich hätte sonst doch sofort reagiert.“ Jost hingegen beharrte darauf, es Scheider übergeben zu haben und nicht von „Schwierigkeiten“ geredet, sondern konkret das Wort Suspendierung erwähnt zu haben.

Der Richter ließ sich dann von Jost auch noch erklären, warum er die anderen zwei Mitarbeiter suspendiert hatte. Die Einvernahme förderte zutage, dass der Anwalt der Stadt, Manfred Angerer, laut seiner Honorarnote insgesamt zehneinhalb Stunden mit Mitarbeitern des Kontrollamts verbracht hatte, und zwar genau in der Zeit, als der Kontrollamtsbericht über Josts Zulage erstellt worden war.

Zu Verhandlungsbeginn betonte Waldner auch, dass es im aktuellen Prozess nicht um die Frage der Rechtmäßigkeit der Zulagen geht, die Jost bezogen hatte, sondern ausschließlich um die Suspendierung Josts als Magistratsdirektor am 19. April 2010.

Suspendierung: bis heute kein Bescheid

Bezüglich der Suspendierung Josts gebe es bis heute nicht einmal einen Bescheid, sagte Josts Anwalt, der Grazer Arbeitsrechtsexperte Kurt Klein. Dies sei auch nicht notwendig, konterte Gerhard Angerer, der Anwalt der Stadt. Jost sei kein Beamter, sondern auf Basis eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses angestellt gewesen.

Scharfe Kritik an Disziplinarkommission

Jost-Anwalt Klein kritisierte auch, dass die Disziplinarkommission bis heute in der Sache nichts entschieden habe, sie habe sich für befangen erklärt. Für die Disziplinarkommission gab es auch von Richter Waldner eine Rüge. Er habe kaum glauben können, dass die Disziplinarkommission zweieinhalb Jahre nichts getan habe. Dies sei, je nachdem wie man die Tätigkeit der Kommission einordne, glatter Amtsmissbrauch oder eine eklatante Dienstrechtsverletzung.

Außerdem, so der Richter, seien die Suspendierungsgründe mit der Abberufung Josts im Mai 2010 weggefallen, daher wäre die Suspendierung schon vor zwei Jahren aufzuheben gewesen, so der Richter.

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