Herbert Liaunig zur Neuwahlfrage in Kärnten

Während Kärntens Politiker einander in der Neuwahlfrage in den Haaren liegen und etliche Bürger ihrem Unmut sogar auf der Straße Luft machen, finden sich in Kärnten herausragende Persönlichkeiten, die den Lauf der Dinge mit kritischer Distanz verfolgen. Dazu gehört der Industrielle Herbert Liaunig.

Liaunig ist Industrieller, Unternehmenssanierer, Kunstsammler und Museumsbesitzer. Als gebürtiger Kärntner sei er stolz auf Kärnten, auch wenn er nicht hier lebe, sagte Liaunig im ORF-Interview.

Liaunig: Kärntner waren schon immer sehr national

„Ich habe kein schlechtes Gewissen“, sagte Liaunig. „Ich wurde nicht korrumpiert und ich habe nicht korrumpiert und ich gehe davon aus, dass das die weitaus überwiegende Mehrzahl der Österreicher auch nicht getan hat. Ich verstehe also nicht, warum jemand der sein Land gern hat und der auch die Leute gern hat, nicht stolz auf sein Land sein soll.“

Die Kärntner unterscheiden sich von den anderen Österreichern sicher nicht mehr als die Vorarlberger, Tiroler oder die Burgenländer, sagte Liaunig, aber die Kärntner haben eben ihre Spezifika: „Die Kärntner waren immer schon sehr national und sie waren auch immer antisemitisch, das ist eine Tradition, die weit vor den Nationalsozialismus zurück reicht. Die Kärntner sind auch sehr bodenständig und heimatverbunden. Und diese Grundhaltung bewirkt eine Einschränkung des Horizontes.“

Werteverlust durch Politik in Kärnten

Unter der politischen Konstellation der letzten zehn Jahre habe Kärnten sicher einen Werteverlust erfahren, sagte Liaunig. Dieser Werteverlust sei der letzten Generation zuzuschreiben, Jörg Haider sei aber wohl ein besonders exponierter Vorreiter dieser Entwicklung gewesen. Auf die Frage, ob Haider als gut oder böse zu bezeichnen sei, sagte Liaunig, er habe mit Haider mehrfach zu tun gehabt und habe ihn als einen äußerst kompetente Politiker kennengelernt: „Haider hat eine sehr einnehmende Art gehabt. Es ist ihm auch sehr gut gelungen, jemanden zu überzeugen, mit dem er sich nicht einig war. Das Problem bei Haider war, dass er wertefrei war und das, was er gemacht hat, eine Art Machiavellismus war. Das heißt, der Zweck rechtfertigte alle Mittel und es gab keine Reflexion im Sinne einer moralischen Überlegung.“

Noch einmal auf die Bewertung Haiders angesprochen, reagierte Liaunig mit der Gegenfrage, ob Machiavelli gut oder böse gewesen sei. Das sei immer die Frage, was in der Politik erlaubt sei und was nicht. „Man hat sich heute doch schon damit abgefunden, dass Politik nicht unbedingt mit Moral Hand in Hand gehen muss. Wir erleben es ja täglich, auch in der internationalen Politik, dass moralische und demokratische Werte um eines baren Vorteils willen jederzeit und ohne allzu große Bedenken verkauft werden. Für jemanden mit meiner Haltung wäre das böse.“

Inkompetenz der Wähler bewirkt Probleme

Auf die Frage, ob Heinz Christian Strache etwas beschönigt oder recht hat, wenn er sagt, Haider sei vom System eingefangen worden und es sei ihm nicht gelungen, das System zu reformieren, sagte Liaunig: „ Im Prinzip hat er schon Recht aber die Frage ist, was ist das System und müssen wir nicht das ganze System in Frage stellen. Und wem gelingt es schon, sich dem System zu entziehen, wenn er sich nicht überhaupt der Gesellschaft entzieht.“

Neuwahlen lösen das Grundproblem nicht, sagte Liaunig und das Grundproblem sei der Wähler: „Meine Sorge ist, dass wir all unsere Probleme nicht aus einer Inkompetenz der Politiker, sondern aus einer Inkompetenz der Wähler ableiten müssen. Ich glaube, dass die Qualifikation der Wähler all diese Probleme bewirkt. Wir haben in einer 60-jährigen Phase des Wohlstandes und des Friedens nun eine dritte Generation, die – zumindest in Westeuropa und den USA – das Kämpfen um das Leben verlernt hat. Es ist der Leistungsgedanke abhanden gekommen und es ist parallel dazu im Bildungsbereich eine unglaubliche Banalisierung und Primitivisierung passiert.“ Der Formulierung, dass sich nichts ändern werde, solange nur Politiker ausgetauscht werden, aber das Wahlvolk dasselbe bleibe, stimmte Liaunig zu.