Politischer Druck auf Martinz wächst

Für ÖVP-Chef Josef Martinz wird es eng im Gerichtssaal. Richter Manfred Herrenhofer legte ihm am Donnerstag ein Geständnis nahe. Die Bundes-ÖVP stellte klar, dass es für Martinz im Fall einer Verurteilung „eine klare Entscheidung“ geben wird.

Nach dem Gestänednis von Hypo-Berater Dietrich Birnbacher legte Richter Manfred Herrenhofer Martinz am Donnerstag ein Geständnis nahe, Martinz will jedoch weiter nichts davon wissen. In der neuerlichen Befragung am Donnerstag hatte der ÖVP-Chef erneut zu Protokoll gegeben, dass er die Beiziehung Birnbachers zu den Verhandlungen mit den Bayern des politischen Drucks wegen verschwiegen habe - er habe Angst gehabt, dass das Geschäft mit der Bayerischen Landesbank platzen könnte, so Martinz, der auch seine Aussage wiederholte, wonach der Verkauf an die BayernLB „das beste Geschäft für Kärnten“ gewesen sei. Das brachte ihm eine Rüge des Richters ein, der Wiederholungen nicht gelten lassen wollte.

Dass Martinz die ebenfalls angeklagten Vorstände der Landesholding, Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander nicht über die Honorarforderung in der Höhe von zwölf Millionen Euro informierte, begründete er damit, dass es sonst einen „politischen Wirbel“ gegeben hätte. Daraufhin empfahl ihm Herrnhofer, mit seiner Anwältin zu überlegen, wie er sich weiter verantworten wolle. Martinz betonte jedoch erneut, sein Ziel sei es gewesen, die Bank gut zu verkaufen.

Spindelegger: „Kein Fall Scheuch in der ÖVP“

Sollte der Landesparteichef Martinz verurteilt werden, kündigt ÖVP-Obmann Michael Spindelegger jedenfalls eine „klare Entscheidung“ an. „In der ÖVP gibt es keinen Fall Uwe Scheuch“, stellte Spindelegger Donnerstagabend in der ZIB1 fest. Im Falle einer Verurteilung werde es noch am selben Tag eine klare Entscheidung geben, so Spindelegger. Damit verliert Martinz auch die volle Rückendeckung in der Partei. Donnerstagabend hat auch die Kärntner ÖVP für Montag eine Sitzung des Parteipräsidiums und des Landtagsklubs einberufen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Rumpold, Dobernig und Petzner müssen aussagen

Vor Gericht aussagen müssen auch die Ex-Mitarbeiter von Jörg Haider und Martinz: die Landesräte Achill Rumpold und Harald Dobernig sowie Haiders früherer Presse-Sprecher Stefan Petzner werden in den nächsten beiden Wochen im Zeugenstand Platz nehmen müssen. Dobernig und Rumpold waren laut Aussagen der Angeklagten bei den Honorar-Verhandlungen dabei. Dobernig betonte, seine Ladung als Zeuge datiere schon einige Zeit vor dem Birnbacher-Geständnis und habe damit nichts zu tun.

Schriftstück: Birnbacher nur Strohmann?

Unterdessen legte der Staatsanwalt am Donnerstag ein Papier vor, das den Deal mit Birnbacher in einem anderen Licht erscheinen lässt. Nicht Dietrich Birnbacher, sondern der damalige Hypo-Miteigentümer Tilo Berlin sei demnach mit dem Verkauf beauftragt worden, Berlin hätte auch die Provision kassieren sollen. In diesem sogenannten Memorandum, das deutsche Finanzfahnder in der Kärntner Landesholding entdeckt haben, heißt es, dass der damalige Hypo-Alpe-Adria-Miteigentümer Tilo Berlin mit den Verkauf beauftragt wurde und Berlin im Fall eines positiven Abschlusses auch eine Erfolgsprämie in Aussicht gestellt worden sei. Ersetze man den Namen Berlin durch Birnbacher, könnte das interessant werden, sagte Richter Manfred Herrnhofer.

Birnbacher-Millionen für Berlin?

Demnach könnte der Großteil der ursprünglich zwölf Millionen Euro nicht für Birnbacher, sondern für Tilo Berlin gedacht gewesen sein. Von dieser Urkunde will bisher allerdings keiner der vier Angeklagten gewusst haben, auch nicht die beiden Vorstände der Landesholding, die das Honorar an Birnbacher nach Einholung mehrerer Gutachten ausbezahlt haben. Tilo Berlin selbst konnte noch nichts zur Aufklärung beitragen, seine Einvernahme steht noch bevor. Ob er aussagen oder sich entschlagen wird, ist nicht bekannt.

Finanzbeamter soll ebenfalls aussagen

Schon mit seinem Geständnis hatte der Villacher Steuerberater die Mitangeklagten massiv unter Druck gebracht. Birnbacher hatte am Mittwoch erklärt, er hätte damit gerechnet, dass wohl einmal jemand kommen werde, um das Geld einzufordern. Wer dieser jemand sein könnte, war ihm nicht zu entlocken. Jetzt soll der Finanzbeamte aus München, der das Schriftstück der Staatsanwaltschaft übermittelt hat, als Zeuge geladen werden. Und zwar, so Staatsanwalt Höbl, zum Beweis dafür, dass Dietrich Birnbacher über die 5,7 Millionen Euro, die ihm nach Abzug des seinen Angaben zufolge angemessenen Honorars von 300.000 Euro zugestanden seien, nicht im eigenen Interesse verfügt habe.

Xander: Fühle mich von Birnbacher getäuscht

Am Donnerstagvormittag wurde auch der zweite Chef der Landesholding, Gert Xander, einvernommen. Ähnlich wie sein Kollege Hans-Jörg Megymorez bekannte auch er sich für nicht schuldig. Von Birnbacher fühle er sich getäuscht. Er habe keinesfalls den Eindruck gehabt, dass Birnbacher sein Honorar als unangemessen angesehen habe. Sollte Martinz von der Unangemessenheit der sechs Millionen Euro gewusst haben, dann fühle er sich auch von diesem getäuscht, sagte Xander.

Mittendrin oder nur dabei?

Auch die Rolle des jetzigen Landesrates Harald Dobernig war am Donnerstag erneut Thema im Gerichtssaal. Xander sagte aus, Dobernig sei in die Verhandlungen um die Reduzierung des Honorars mit eingebunden gewesen. Richter Manfred Herrenhofer kündigte außerdem an, alle sieben Gutachter als Zeugen zu laden, deren Expertisen als Nachweis einer weißen Weste aller Angeklagten gedient hatten.

Megymorez: Keine Verkaufsverhandlungen erwähnt

Mehr als sechs Stunden hatte am Mittwoch die Einvernahme von Landesholding-Vorstand Hans Jörg Megymorez gedauert. Auch er gab an, sich von Dietrich Birnbacher aufgrund seines Geständnisses getäuscht und hintergangen zu fühlen. Birnbacher habe ihm gegenüber nie erwähnt, dass er keine Verkaufsverhandlungen mit den Bayern geführt habe. Ganz im Gegenteil: Jörg Haider und Josef Martinz hätten ihn immer wieder als wesentlichen Faktor für den Verkaufsabschluss präsentiert.

Es habe auch nie einen Hinweis darauf gegeben, dass Birnbacher mit weniger als sechs Millionen Euro zufrieden gewesen wäre. Insgesamt holte die Landesholding sechs Gutachten zur Überprüfung der Causa ein. Sie kosteten 50.000 Euro. Alle seien zu dem Schluss gekommen, dass das Honorar gerechtfertigt sei, so Megymorez.

Einvernahme Schaunigs und Kulterers steht noch aus

Nicht mehr einvernommen wurde am Donnerstag die ehemalige SPÖ-Landesparteiobfrau Gaby Schaunig. Sie war vor fünf Jahren, als Haider und Martinz Birnbacher engagiert hatten, Mitglied des Landesholding-Aufsichtsrates. Wie Megymorez am Mittwoch aussagte, war sie es auch, die im Aufsichtsrat Bedenken angemeldet hatte und dafür eingetreten war, die Angemessenheit des Birnbacher-Honorars überprüfen zu lassen. Vorgesehen war zuerst auch die Befragung von Ex-Hypo-Vorstand Wolfgang Kulterer gewesen, die nun aus Zeitgründen verschoben werden musste.

Petzner sieht „politisches Erdbeben“ kommen

Zum Fall meldete sich am Donnerstag auch NR-Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ) zu Wort: Eine zentrale Aussage von Birnbacher sei gewesen, dass die damaligen Büroleiter und jetzigen Regierungsmitglieder - Harald Dobernig und Achill Rumpold - bei den entscheidenden Verhandlungen zur Halbierung der Honorare dabei waren. Petzner sagte, er gehe davon aus, dass die Justiz in Folge auch gegen diese beiden jetzigen Landesräte ermitteln werde. Es werde in Kärnten ein „politisches Erdbeben“ geben.

ÖVP verurteilt Anschüttung des „Zukunftsträgers“

Vorwürfe, die sich die ÖVP am Donnerstag nicht gefallen lassen wollte: „Der erfolgreiche, junge Landesrat Achill Rumpold soll als Zukunftsträger, wie ihn diese drei Herren nicht in ihren Reihen haben, angeschüttet werden“, so Landesparteisekretär Thomas Goritschnig in einer Aussendung am Donnerstag. Dieses „parteipolitische Schlammwerfen“ richte sich von selbst, zumal die Aussagen von Stefan Petzner kämen. „Wer Haider und dessen Tätigkeiten als einziger wirklich nahe gekommen sei“, könne man in Kärnten beurteilen, so die ÖVP.

Grüne: Petzner selbst im Epizentrum

Ins selbe Horn wie die ÖVP stießen auch die Kärntner Grünen: „Wenn Herr Petzner nun von einem politischen Erdbeben in der Martinz-Birnbacher-Causa spricht, möchte ich ihn schon darauf hinweisen, dass er zur Zeit der gesamten Hypo-Causa und dem damit verbundenen Millionendeal mit Birnbacher mitten im Epizentrum dieses Kärntner Erdbebens gestanden ist“, sagte Rolf Holub.

SPÖ fordert erneut Neuwahlen

Die SPÖ bekräftigte am Donnerstag ihren Ruf nach Neuwahlen. Schon vor längerer Zeit wäre ein Antrag dazu eingebracht worden. SPÖ-Chef Peter Kaiser sagte: „Im Wesentlichen erwarte ich, dass alles schonungslos aufgedeckt wird und alle die dazu beigetragen haben, dass das Land vorsätzlich geschädigt wurde, zur Verantwortung gezogen werden und die Gerichte ihrer Aufgabe nachkommen. Dann gilt es zusammen zu sitzen und zu schauen: Kann man in der Form noch weiterarbeiten oder ist das, was wir schon vor Jahren schon gesagt haben doch der richtige Weg: Kärnten die Chance zu geben, neu zu bestimmen, wie eine politische Zusammensetzung der Kärntner Landesregierung und des Landtages zu erfolgen hat“.

Der Neuwahlantrag liege seit eineinhalb Jahren im Kärntner Landtag, „er wäre nur von denen, die endlich Verantwortung für dieses Land übernehmen sollten, aufzugreifen, die SPÖ hat das ihre dazu getan“, so Kaiser.

CSI-Hypo: Geständnis ein guter Anfang

Zum Fall Birnbacher meldete sich auch der ehemalige Leiter der CSI-Hypo, Wolfgang Peschorn, zu Wort. Er sagte, es sei ein guter Anfang, dass einer der Beteiligten die Wahrheit sage. Es sei zu erwarten, dass noch mehr ihr Gewissen erleichtern, so Peschorn.

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