FPK-Alleingang beim Pflegeregress

Die FPK hat am Dienstag in der Regierungssitzung den umstrittenen Pflegeregress im Alleingang beschlossen. Vom Sozialministerium wird allerdings die Rechtsmeinung vertreten, dieser widerspreche der 15a B-VG-Vereinbarung.

Ab Juli müssen Angehörige von Pfleglingen, die in einem Heim betreut werden, wieder einen Selbstbehalt zahlen. Das Gesetz ist zwar bereits beschlossen, die Staffelung der Abgabe musste am Dienstag aber noch von der Regierung beschlossen werden. Da es keine Ausnahme für die Eltern von behinderten Kindern gibt, wie von der ÖVP gefordert, beschloss die FPK den Regress im Alleingang.

ÖVP-Kritik: Auch Zahlung für Behinderte

Die Familien hätten keine Möglichkeit gehabt, sich auf diese Situation vorzubereiten, kritisierte ÖVP-Landesrat Achill Rumpold vor der Sitzung. Da es bei der Sitzung nicht die Möglichkeit einer Teilabstimmung gab, habe die ÖVP das Gesamtpaket abgelehnt.

Die Kostenpflicht gilt auch für die Angehörigen von behinderten Kindern. Laut Sozialreferent Christian Ragger (FPK) gebe es einen „sozial ausgewogener Kostenbeitrag“ für Kinder bis zum 25. Lebensjahr, die in einer Einrichtung betreut werden. Für Behinderte über 25 wird kein Kostenbeitrag eingehoben.

Ministerium kritisiert Widerspruch zu 15a-Vereinbarung

Auch hinsichtlich der rechtlichen Zulässigkeit des Pflegeregresses mit der 15a B-VG-Vereinbarung, die Angelegenheiten zwischen Bund und Ländern regelt, scheinen die Meinungen auseinander zu gehen. Wörtlich heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums: „Zunächst ist festzuhalten, dass sämtliche Bestimmungen, die eine Ersatzpflicht von Eltern (gegenüber ihren volljährigen Kindern) oder Kindern eines Mindestsicherungsempfängers normieren, einen klaren Widerspruch zur Mindestsicherungsvereinbarung nach Art. 15a B-VG darstellen.“

Ragger: „Fair und maßvoll“

Die nun beschlossene Staffelung sei insgesamt „fair und maßvoll gestaltet“, sagt hingegen Soziallandesrat Christian Ragger, der keinen Widerspruch zur Bundesvereinbarung sieht. Das Kärntner System berücksichtigte Freibeträge für Ehepartner ohne Einkommen sowie für minderjährige Kinder und für Kinder, die studieren. Auch bei Alleinverdienern gebe es Freibeträge. Von Kindern, deren Eltern sich nachweislich nicht um sie gekümmert hatten, werde ebenfalls kein Regress eingehoben.

Dörfler: Zahlung ist zumutbar

Die ÖVP habe in dieser Frage keine einheitliche Meinung, immerhin habe sie das Gesetz für den Regress im Landtag mitbeschlossen, kritisierte LH Gerhard Dörfler (FPK). Die Zuzahlung habe es in Kärnten bis 2008 gegeben, es sei jetzt dringend notwendig, sie wieder einzuführen.

Bei den Angehörigen Behinderter gehe es um 400 Fälle, deren Zuzahlung werde 400.000 Euro Erlös bringen. Familien, die eine erhöhte Familienbeihilfe erhalten würden, seien aber durchaus in der Lage, eine Zuzahlung zu leisten, so Dörfler.

Kritik von AK und Grünen

Kritik am Regress gab es am Dienstag erneut von der Arbeiterkammer Kärnten. „Pflege darf kein individuelles Schicksal sein sondern muss von der Solidargemeinschaft getragen werden“, so AK-Präsident Günther Goach. Dass der Regress keinesfalls notwendig sei, würden Zahlen des Sozialministeriums belegen. Kärnten bekommte allein heuer für den Ausgleich der steigenden Pflegekosten zwölf Millionen Euro und auch das Landespflegegeld sei vom Bund übernommen worden. .

Die Grünen bezeichneten den Regierungsbeschluss als „schwarzen Tag für das Kärntner Sozialsystem“. Dass Ragger den Regress als „sozial verträglich“ bezeichne, sei „purer Zynismus“, meint Abgeordnete Barbara Lesjak. Das Pflegesystem des Landes müsse von der Allgemeinheit finanziert werden.

Kaiser: FPK will so das Budget sanieren

Die SPÖ ist generell gegen einen Kostenbeitrag von Angehörigen und übt Kritik an den Freiheitlichen. Diese würden auf dem Rücken alter Menschen und Behinderter das Budget sanieren wollen, so Landeshauptmannstellvertreter Peter Kaiser: „Es ist zu befürchten, dass der versteckte Plan, den Ragger und Dörfler offensichtlich forcieren jener ist, weniger Menschen in Heimen zu haben. Aber nicht aus dem Grund, dass die Menschen das nicht wollen sondern deshalb, dass wenn es keine bessere Pflegemöglichkeit gibt, diese nicht in Anspruch genommen werden sollte, um hier Gelder einzusparen“.

SPÖ in Sorge um Ältere nach „Streitkultur“-Anruf

Die SPÖ forderte Landeshauptmann Gerhard Dörfler auf, „Ragger zur Vernunft zu bringen“, wie es in einer Aussendung von SPÖ-Sozialsprecherin Ines Obex-Mischitz wörtlich hieß. Auslöser war die Wortmeldung einer Anruferin bei der Radio Kärnten „Streitkultur“ am Montag, die FPK-Landesrat Ragger damit konfrontiert hatte, sie werde ihren Kindern durch den Pflegeregress sicher nicht zur Last fallen - bevor sie in ein Pflegeheim gehe und ihre Kinder zur Kasse gebeten würden, würde sie sich lieber umbringen. „Wenn ältere Menschen ankündigen, sich lieber umzubringen, als durch Regress zur Belastung für ihre Kinder zu werden, ist politische Einsicht gefordert“, so Obex-Mischitz.

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