Scheuch-Urteil von OLG Graz aufgehoben

Das Oberlandesgericht (OLG) Graz hat das erstinstanzliche Urteil gegen den Kärntner FPK-Obmann Uwe Scheuch aufgehoben und an die erste Instanz zurück verwiesen. Nun droht die Causa für die Freiheitlichen zum Wahlkampfthema zu werden.

Der Richtersenat begründete diese Entscheidung mit einem Verfahrensfehler. Richter Christian Liebhauser-Karl habe gegen das „Überraschungsverbot“ verstoßen. Damit sei Scheuch in seinen Verteidigungsrechten beschränkt worden, hieß es am Donnerstag in einer Aussendung des OLG. Eine neue Verhandlung ist nötig.

Erstes Urteil nun nichtig

FPK-Obmann Uwe Scheuch war am 2. August vergangenen Jahres wegen des Verbrechens der Geschenkannahme durch Amtsträger zu 18 Monaten Haft, sechs davon unbedingt, verurteilt worden.

An Erstgericht zurückverwiesen

In der Erklärung des OLG Graz heißt es, das Urteil sei aufgehoben, die Sache sei zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Strafsache muss nun vom Landesgericht durch einen anderen Richter neu verhandelt und entschieden werden.

Das „Überraschungsverbot“

Das „Überraschungsverbot“ beschreibt, dass Gerichte nach dem Anklageprinzip in Strafsachen nur aufgrund einer Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft tätig werden dürfen. Das Gericht kann den Angeklagten zwar wegen anderer rechtlicher Aspekte verurteilen, wenn es zur Überzeugung kommt, dass diese verwirklicht wurden.

Damit ein faires Verfahren gewährleistet wird, darf das Gericht den Beschuldigten allerdings nicht mit seiner Rechtsansicht „überraschen“. Die Beteiligten des Verfahrens müssen über die geänderten rechtlichen Gesichtspunkte aufgeklärt werden, damit sie die Möglichkeit haben, Stellung zu nehmen.

Die „Part of the game“-Affäre

Grund für die Anklage war die „Part of the game“-Affäre. FPK-Obmann Uwe Scheuch soll im Juni 2009 für das Beschaffen einer Staatsbürgerschaft für einen Russen Geld für die Parteikasse verlangt haben. Damals gehörten die Kärntner Freiheitlichen noch zum BZÖ. Das Gespräch wurde auf Tonband aufgezeichnet. Das Urteil hatte für heftige politische Auseinandersetzungen gesorgt.

Tatvorwurf wurde erweitert

Im Fall von Scheuch lautete der Anklagevorwurf, er habe als Amtsträger (Erster Landeshauptmann-Stellvertreter) für eine Handlung in Zusammenhang mit seiner Amtsführung, nämlich die parteiliche Befürwortung eines Antrages auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an einen russischen Staatsbürger, eine Parteispende gefordert.

Aus dem Schuldspruch geht jedoch hervor, dass Scheuch die Zuwendung nicht nur wegen der Staatsbürgerschaft, sondern auch wegen der Förderung eines Großprojekts gefordert habe.

Diese Erweiterung des Tatvorwurfes sei dem Beschuldigten nicht explizit und ausdrücklich zur Kenntnis gebracht worden, heißt es in der Stellungnahme des OLG. Dadurch sei er in seinen Verteidigungsrechten beschränkt worden, weil für ihn keine Möglichkeit bestand, zu diesem neuerlichen Vorwurf (etwa zur Frage der Zuständigkeiten) Stellung zu nehmen.

Scheuch „sprachlos“

In einem ersten Interview mit dem ORF Kärnten sagte Scheuch, er habe vom Urteil aus den Medien und mittlerweile auch von seinem Anwalt erfahren. Details kenne er noch nicht, er wolle daher auch nicht näher Stellung nehmen.

Causa wird zum Wahlkampfthema

ORF-Kärnten Chefredakteur Bernhard Bieche geht in seiner Analyse davon aus, dass sich die Causa nun ins Wahljahr 2013 ziehen wird:

„Ich bin eigentlich sprachlos und möchte mir die Sache jetzt näher anschauen. Nach der ersten Instanz habe ich gesagt, dass ich mich mit Interpretationen sehr zurückhalten werde, und das möchte ich auch für die Zukunft beibehalten“, sagte Scheuch.

Gericht: Urteil sehr überraschend

Martin Reiter, Sprecher des Landesgerichts Klagenfurt, zeigte sich über die Entscheidung des OLG Graz verwundert. Das Urteil sei sehr überraschend, weil ihm ein ähnlicher Fall in der österreichischen Rechtsprechung nicht bekannt war, sagte Reiter.

„Der Richter hat eine Rechtsbelehrung vorgenommen, die laut Strafprozessordnung gar nicht zwingend vorgesehen war. An dieser Rechtsbelehrung hat das OLG Graz Mängel gefunden, und deswegen ist das Urteil aufgehoben worden, aus reinen Formalgründen, ohne in der Sache selbst inhaltlich irgendetwas zu sagen.“

Grüne: Endgültige Entscheidung treffen

Von den Grünen heißt es, das Urteil sei in erster Linie zur Kenntnis zu nehmen. Landessprecher Frank Frey sagte, aus politischer Sicht sei diese Entwicklung aber insofern unerfreulich, "als sie uns die Verlängerung einer imageschädigenden FPK-Unschuldsinszenierung bescheren dürfte.

Eine inhaltliche Entscheidung der zweiten Instanz, das heißt ein endgültiges Urteil, in welche Richtung auch immer, wäre mir im Sinne des Landes lieber gewesen", sagte Frey.

SPÖ fordert rasche Entscheidung

Verwundert zeigt sich Kärntens SPÖ-Vorsitzender Peter Kaiser über das aufgehobene Urteil. „Wir nehmen zur Kenntnis, dass das erstinstanzliche Urteil nun wegen eines Formalfehlers aufgehoben und wieder an das Landesgericht Klagenfurt zurückverwiesen wird. Damit geht der Prozess sozusagen in eine dritte Halbzeit, und Uwe Scheuch muss weiter auf der Anklagebank Platz nehmen. Im Interesse aller ist eine rasche Neuaufnahme und Entscheidung des Verfahrens dringendst geboten“, sagte Kaiser.

BZÖ: Recht auf faires Verfahren

Der geschäftsführende Obmann des BZÖ Kärnten, Sigisbert Dolinschek, sagte, jeder Österreicher habe das Recht auf ein faires Verfahren.

ÖVP: Wähler wird Stil beurteilen

ÖVP-Parteiobmann Josef Martinz sagte in einer Aussendung, für die ÖVP ändere sich nichts: „Wir warten ein endgültiges Urteil ohne Vorverurteilung ab und arbeiten weiter auf unserem Sanierungskurs für Kärnten. Die unterschiedlichen politischen Stile wird der Wähler beurteilen.“

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