Chronologie: Der dritte Hypo-Prozess

Am 27. März hat am Landesgericht in Klagenfurt der dritte Prozess rund um die Hypo-Bank begonnen. Den ehemaligen Bankvorständen wird vorgeworfen, die Bank im Jahr 2004 mit einem risikolosen Scheingeschäft um 5,5 Millionen Euro geschädigt zu haben.

Mit den Ex-Bankvorständen Wolfgang Kulterer und Günter Striedinger sitzen auch der Steuerberater Hermann Gabriel und Rechtsanwalt Gerhard Kucher auf der Anklagebank, die für die undurchsichtige Konstruktion in Liechtenstein verantwortlich zeichnen sollen.

Den Vorsitz führt Richterin Sabine Roßmann. Der erste Prozesstag verlief kurz und bündig, mit Anklagevortrag und Plädoyers der Verteidiger.

Ankläger: Missbräuchliche Umgehungskonstruktion

Staatsanwalt Robert Riffel warf den vier Angeklagten vor, bei einem Vorzugsaktiendeal im Jahr 2004 die Bank wissentlich um 5,49 Millionen Euro geschädigt zu haben.

Der Vorwurf: Rückkauf und Zinssatz für Aktien garantiert

Die Angeklagten hätten konzerneigenes Geld im Kreis geschickt, um so den Haftungsstock der Hypo International zu erhöhen, lautet der Vorwurf. Sie hätten damit ohne jegliches Risiko hohe Erträge erzielt, weil der Rückkauf der Vorzugsaktien durch die Hypo International garantiert und der Zinssatz fix vereinbart gewesen sei. Das Risiko habe damit ausschließlich die Bank getragen.

Den Angeklagten drohen bei einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft. Alle bekannten sich nicht schuldig.

Riffel sprach von einer „missbräuchlichen Umgehungskonstruktion“, mit der die Angeklagten ein risikoloses Scheingeschäft geplant und abgewickelt hätten. Damit hätte die chronisch eigenkapitalschwache Bank besser dastehen sollen.

Verteidigung: Kein Schaden entstanden

Die Verteidiger bestritten allesamt, dass überhaupt ein Schaden entstanden sei. Ganz im Gegenteil, mit den Hypo-Leasing-Vorzugsaktien sei das für die Bank günstigste Modell gewählt worden, die Bank habe durch die Kapitalzufuhr enorm gut verdient.

Zweiter Prozesstag am 28. März

Mit der Befragung der Hauptangeklagten Striedinger und Kulterer wurde der Prozess am zweiten Tag fortgesetzt. Sie haben die Vorwürfe wie erwartet zurückgewiesen.

Richterin Roßmann befragte beim zweiten Tag des Strafverfahrens „Hypo III“ am Mittwoch die beiden Ex-Vorstände Striedinger und Kulterer ausführlich und einzeln zu ihrer Rolle im Liechtensteiner „Geldkreisverkehr“.

Grund für Konstruktion: Zu wenig Eigenmittel

Mit den Vorzugsaktien der Hypo-Leasing wollte die Bank damals ihre Eigenmittelschwäche beheben, die beim rasanten Wachstum ein chronisches Problem der Hypo darstellte. 100 Millionen Euro habe man gebraucht, gab Kulterer vor Gericht an. Da die Bank aber auf mehr als der Hälfte der Aktien sitzenblieb, musste eine andere Lösung her.

Kulterer: Konstruktion war in Ordnung

Wolfgang Kulterer blieb dabei: Die gewählte Konstruktion mit konzerneigenem Hypo-Geld, das über elf Anstalten in Liechtenstein im Kreis geschickt wurde, sei in Ordnung gewesen.

„Hätte ich damals Zweifel gehabt, hätte ich das Modell abgelehnt“, sagte Kulterer. Die mitangeklagten Experten, Steuerberater Gabriel und Rechtsanwalt Kucher hätten die Rechtmäßigkeit stets bestätigt.

Belastendes Gutachten „nicht bekannt“

Kulterer will das bankinterne Gutachten, das der Staatsanwalt am Dienstag als belastend vorgelegt hatte, nicht gekannt haben.

Richterin Roßmann legte Kulterer schließlich eine von ihm unterzeichnete Beilage zum Jahresabschluss der Hypo 2004 vor. Darin heißt es fälschlich, die Hypo Liechtenstein sei in die Finanzierung der Vorzugsaktien weder direkt noch indirekt eingebunden gewesen.

Das Gutachten

Möglicher Knackpunkt im Verfahren ist ein bankinternes Gutachten. Dieses hält den von der Hypo damals gewählten Weg zwar für möglich, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Laut Staatsanwalt sei keine dieser Bedingungen eingehalten worden.

Laut Kulterer habe dieses Schreiben ein Wirtschaftsprüfer vorgelegt. Er habe diesem vertraut und sich darauf verlassen.

Striedinger: Zum Wohle der Bank

Günther Striedinger sagte zum vorgelegten Gutachten, er glaube nicht, dass er es gelesen habe. „Es ist auch nicht von mir ausgegangen“, sagte Striedinger vor Gericht.

Die Richterin wollte wissen, warum für die Kapitalerhöhung 2004 die undurchsichtige Konstruktion über zwölf verschiedene Anstalten in Liechtenstein gewählt wurde. Aus steuerrechtlichen Gründen, zum Wohle der Bank, antwortete Striedinger. Steuerberater Hermann Gabriel habe die Idee ins Spiel gebracht.

Gabriel sei ein absoluter Experte im Banken- und Steuerrecht, er habe bestätigt, dass die Hypo so zu frischem Eigenkapital komme, sagte Striedinger. Er selbst habe deshalb nie Bedenken gehabt.

Dritter Prozesstag: 29. März

Steuerberater Hermann Gabriel sagte bei seiner Einvernahme, man habe deshalb elf Gesellschaften in dem Fürstentum gegründet - statt das Geschäft über eine einzige Gesellschaft abzuwickeln - weil das wegen der Großveranlagungsgrenzen im Liechtensteinischen Bankwesengesetz vermutlich nicht möglich gewesen sei.

Beisitzer Manfred Herrnhofer bezeichnete das als „klassische Umgehungsgeschäfte“.

Kucher: Noch heute stolz auf Projekt

Was das Verfahren bisher beleuchtete, ist die Nonchalance, mit der die Verantwortlichen vorgegangen sind. Da sitzen Bankdirektoren auf der Anklagebank, die Vollständigkeitserklärungen für die Bilanz, die sie verantworten, unterschreiben, in denen das Gegenteil dessen behauptet wird, was Tatsache ist. Da sitzen Juristen auf der Anklagebank, die erklären, wie sie das liechtensteinische Bankwesengesetz umgangen haben. Anwalt Gerhard Kucher zeigte sich bei seiner Aussage „noch heute stolz über dieses Projekt“.

17. April: Fortsetzung des Prozesses

Nach den ersten Zeugeneinvernahmen im März wurde der „Hypo-III“-Prozess Mitte April am vierten Prozesstag mit der Einvernahme der Prüfer der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) fortgesetzt.

Der vorgeworfene Deal sei grundsätzlich gesetzeskonform gewesen, doch hätte man die so lukrierten Mittel nicht als Kernkapital darstellen dürfen, sagte der Prüfer der OeNB als Zeuge

„Noch nie untergekommen ...“

Einer anderer Zeugen sagte, ihm sei ein derartiges Konstrukt in seiner Tätigkeit vorher und nachher nie untergekommen. Die Prüfer hätten in ihrem Bericht die Eigenmittelbestimmung bloß angezweifelt. Heute müsste ein „Verdacht auf Gesetzesverletzung“ festgestellt werden.

OeNB-Prüfer: Kapital kam nicht von außen

Wäre die Finanzierung nicht über die Hypo Liechtenstein, sondern über ein externes Institut erfolgt, wäre die Situation hinsichtlich der Eigenmittelanrechnung eine andere gewesen, da in diesem Fall Kapital von außen zugeflossen wäre, erklärte einer der Befragten.

Die OeNB-Prüfer meinten übereinstimmend, dass der Vorzugsaktiendeal über die Hypo Liechtenstein den Zweck, Kernkapital zu lukrieren, nicht erfüllt habe. Die Zeugen sagten auch, dass die Finanzierungskonstruktion nur schwer zu durchschauen gewesen sei, da man aufgrund des rigorosen Liechtensteinischen Bankgeheimnisses lediglich anonymisierte Daten erhalten habe.

18. April: Fünfter Prozesstag

Am 18. April sagte die ehemalige Leiterin des Hypo-Rechnungswesens aus. Sie trug vor drei Jahren maßgeblich zur Verurteilung der Ex-Vorstände Wolfgang Kulterer und Günther Striedinger bei.

Zum aktuellen Prozessthema konnte die Frau kaum beitragen. Die konkrete Konstruktion sei ihr nicht bekannt gewesen. Zwar war die Zeugin damals für die Erstellung der Jahresabschlüsse im Hypo-Konzern zuständig, sie habe auch bemerkt, dass es Diskussionen über die Frage der Eigenmittel gegeben habe. Aber dazu seien Bestätigungen der Wirtschaftsprüfer vorgelegen. Hochrangige Bankmitarbeiter hätten ihr mehrfach erklärt, alles sei gutachterlich geprüft.

Zeugin sagte bereits 2008 aus

Wegen Bilanzfälschung wurden Wolfgang Kulterer und Günter Striedinger im ersten Hypo-Prozess vor dreieinhalb Jahren zu Geldstrafen verurteilt. 2008 legte Kulterer ein Geständnis ab - nach der Aussage der Zeugin, sie habe auf seine Anordnung hin einen Bericht über Swap-Geschäfte rückdatieren müssen.

Rechtsanwalt erstellte Persilschein

Anschließend wurde ein Klagenfurter Rechtsanwalt befragt. Er hatte zum Geldkarussell im Nachhinein eine positive Stellungnahme für die Hypo erstellt.

Er sagte, formell habe er damals die Voraussetzungen erfüllt gesehen, die Mittel als Eigenkapital auszuweisen. Allerdings will er darauf hingewiesen haben, dass die Finanzmarktaufsicht das anders sehen könnte - weil der Bank eben kein Geld von außen zugeflossen sei.

Ex-Hypo-Anwalt entlastet teilweise

Am Nachmittag hat ein Zeuge die Angeklagten zumindest teilweise entlastet. Der ehemalige Vertrauensanwalt der Bank sagte, die Finanzmarktaufsicht habe die umstrittene Konstruktion zur Kapitalerhöhung der Hypo 2004 in einem Schreiben als „rechtlich vertretbar“ eingestuft.

24. April: Rechtsabteilung wusste nichts

Hans-Jörg Megymorecz, im Moment Chef der Kärntner Landesholding, damals Leiter der Hypo-Rechtsabteilung, wusste nach seiner Aussage nichts von dubiosen Finanzgeschäften. Ein weiterer Zeuge kämpfte ebenfalls mit Gedächtnislücken. Gutachter Fritz Kleiner legt dar, dass die Bayern die Hypo „unter allen Umständen haben wollten.“

25. April: Wirtschaftsprüfer belasten Angeklagte

Die Zeugen hätten über die Finanzierungskonstruktion der Vorzugsaktien in Liechtenstein kaum Informationen bekommen und zur ihrer Absicherung Zusatzerklärungen einfordern müssen, sagten Michael Vertneg und Gottfried Spitzer von Deloitte in Wien.

„Beilage zur Vollständigkeitserklärung ist unwahr“

Eine dieser Zusatzerklärungen, eine Beilage zur Vollständigkeitserklärung, in der Kulterer und Striedinger die Involvierung der Hypo Liechtenstein in die Finanzierung der Vorzugsaktien dezidiert ausgeschlossen hatten, sei aufgrund seines aktuellen Wissensstandes unwahr, erklärte Vertneg im Gerichtssaal.

Bei ihm hatte der ehemalige Hypo-Mitarbeiter Daniel Lobnik eine Stellungnahme zur Aktienemission und zur Frage, ob diese auch aus dem Konzern heraus finanziert werden könne, eingeholt. Lobnik hatte sich bei seiner Einvernahme am Dienstag in diesem Zusammenhang an nichts mehr erinnern können.

2. Mai: Prüfung scheiterte am Bankgeheimnis

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hatte nur wenige Möglichkeiten, den Vorzugsaktiendeal der Hypo Alpe-Adria-Bank im Jahr 2004 zu prüfen und allfällige Sanktionen zu verhängen. Das erklärte Zeuge Helmut Ettl von der FMA beim Hypo-Prozess am 2. Mai.

3. Mai: „Liechtenstein-Runde“ im Hypo-Prozess

Die Drehscheibe für die zweifelhafte Kapitalerhöhung soll die Hypo-Liechtenstein gewesen sein. Am 3. Mai wurden deren Vertreter per Videoschaltung einvernommen, am Vormittag waren zuerst zwei Liechtensteiner Anwälte zu Wort gekommen. Der erste, der in den Zeugenstand trat, hatte jene zwölf Anstalten gegründet, über die Kredite der Hypo-Liechtenstein zum Kauf der Hypo-Vorzugsaktien gelaufen sein sollen.

Den Auftrag dazu habe er vom Schwager eines Mitangeklagten, Steuerberater Hermann Gabriel, bekommen. Mit diesem und Anwalt Gerhard Kucher habe er gesprochen, mit den Ex-Hypo-Chefs Kulterer und Striedinger hingegen keinen Kontakt gehabt.

55-Millionen-Euro Kredit an zwölf Anstalten vergeben

Dann trat der Bruder des Rechtsanwalts in den Zeugenstand, auch er ist Anwalt und seit Gründung der Hypo Liechtenstein Verwaltungsrat der Bank. Von ihm war zu erfahren, dass die Hypo Liechtenstein Kredite über 55 Millionen Euro an die zwölf Anstalten vergeben habe, ein Drittel des gesamten Kreditvolumens. Als diese an die Bank rückgeführt worden wären und damit ein gutes Geschäft für die Hypo-Liechtenstein vorzeitig beendet wurde, sei das dennoch kein Thema im Verwaltungsrat gewesen.

Zuvor sei wohl einmal über Bedenken an der Konstruktion gesprochen worden, der Präsident hätte diese jedoch zerstreut. Er habe die Mitangeklagten, Anwalt Kucher und Steuerberater Gabriel, als erfahrene Experten ausgewiesen. Der Liechtensteiner Zeuge sagte aus, dass ihm als Verwaltungsrat die gesamte Finanzkonstruktion nie bekannt wurde, er habe sie sich im Nachhinein angeschaut. Kulterer sei bei den betreffenden Sitzungen des Verwaltungsrates nicht anwesend gewesen.

In einem nach Prozessbeginn aufgetauchten Protokoll aus der Hypo-Bank sehen die Verteidiger der Angeklagten unterdessen eine Entlastung ihrer Mandanten. Laut diesem Protokoll seien die Prüfer der Nationalbank der Ansicht, die Konstruktion könnte „rechtlich halten“, auch wenn das Modell nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise „sehr fraglich“ sei.

24. Mai: Haftstrafen für alle Angeklagten

Die Hypo-Ex-Vorstände Wolfgang Kulterer und Günter Striedinger werden zu drei, bzw. vier Jahren unbedingter Haft verurteilt. Der Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Sabine Roßmann verurteilt außerdem den Steuerberater Hermann Gabriel zu viereinhalb Jahren und den Rechtsanwalt Gerhard Kucher zu vier Jahren Haft. Alle vier Angeklagten, bzw. ihre Verteidiger legten gegen die Urteile Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein. Die Causa landet somit beim Obersten Gerichtshof.