Hypo-Prozess: Abgründe tun sich auf

Die ersten drei Verhandlungstage im Prozess um den Vorzugsaktien-Deal der Hypo Alpe-Adria-Bank aus dem Jahr 2004 haben den Blick in die Abgründe der Ex-Bankführung freigelegt. Die offenbar getätigten Umgehungsgeschäfte werden immer deutlicher.

Alle vier Angeklagten, von den Ex-Vorständen Wolfgang Kulterer und Günter Striedinger bis zu Steuerberater Hermann Gabriel und Anwalt Gerhard Kucher, bestreiten zwar jegliche Schuld, zugleich haben sie de facto aber ganz offen zugegeben, beim Verkauf der Aktien der Hypo-Leasing tief in die Trickkiste gegriffen zu haben.

Aktien sollten nicht „in falsche Hände“ geraten

Staatsanwalt Robert Riffel sprach am Dienstag in seinem Eröffnungsplädoyer von „missbräuchlichen Umgehungsgeschäften“, die da in Liechtenstein getätigt worden seien. Nur zwei Tage später erklärte Gabriel bei seiner Einvernahme, man habe deshalb elf Gesellschaften in dem Fürstentum gegründet, statt das Geschäft über eine einzige Gesellschaft abzuwickeln, weil dies wegen der Großveranlagungsgrenzen im Liechtensteinischen Bankwesengesetz vermutlich nicht möglich gewesen sei. Beisitzer Manfred Herrnhofer bezeichnete dies als „klassische Umgehungsgeschäfte“.

Mit den Vorzugsaktien der Hypo-Leasing wollte die Bank damals ihre Eigenmittelschwäche beheben, die beim rasanten Wachstum ein chronisches Problem der Hypo darstellte. 100 Mio. Euro habe man gebraucht, gab Kulterer vor Gericht an. Da die Bank aber auf mehr als der Hälfte der Aktien sitzenblieb, musste eine andere Lösung her.

Der Bankplatz Liechtenstein wurde ausgewählt, die dortige Hypo-Tochter finanzierte den Kauf der restlichen Aktien. Die Finanzierung über die eigene Tochter sollte, bekannte der Banker freimütig, garantieren, dass die Aktien nicht „in falsche Hände“ geraten. Es müsse sichergestellt sein, dass sie „wieder zurückkommen“, so Kulterer bei seiner Einvernahme. Der Grund für diese Angst vor falschen Händen sei der geplante Börsengang gewesen.

Manipulation bei Bilanzierung

Dass der Bankvorstand im Frühjahr 2005 einfach so eine Erklärung unterschrieb, in der eine Involvierung der Hypo Liechtenstein in die Finanzierung der Vorzugsaktien dezidiert ausgeschlossen wird, bietet einen interessanten Einblick in die Bilanzierungsmethoden der Bank. Diese Erklärung war der Bilanz 2004 beigelegt, genau jenem Zahlenwerk, in dem auch die 328 Mio. Euro Verlust nicht korrekt verbucht waren, welche die Bank bei Swap-Geschäften verlor. 2006 flog die Manipulation auf, die Bilanz wurde zurückgezogen, die Bankvorstände später verurteilt.

Unterlagen nach Geschäftsabschluss vernichtet

2006 war dann das Jahr, als noch einmal Vorzugsaktien der Hypo-Leasing aufgelegt wurden. Diesmal erhielten die Käufer teilweise gleich schriftliche Rückkaufgarantien, offenbar um den Absatz der Papiere zu fördern. Der Notar, über den die Garantien abgewickelt wurden, erklärte bei seiner Einvernahme bei der Staatsanwaltschaft, er sei angewiesen worden, nach Abschluss des Geschäfts sämtliche Unterlagen zu vernichten. Das wird am Landesgericht zwar nicht verhandelt, es passt aber zur Vorgangsweise, die in dem Geldinstitut offenbar gang und gäbe war.

Noch zehn Verhandlungstage offen

Ob das Liechtenstein-Geschäft, das die Staatsanwaltschaft als Untreue wertet, zu einer Verurteilung führt oder nicht, ist natürlich noch offen. Immerhin sind ab 17. April noch zehn Verhandlungstage angesetzt und zahlreiche Zeugen geladen.

Was das Verfahren aber unabhängig davon beleuchtet, ist die Nonchalance, mit der die Verantwortlichen vorgegangen sind. Da sitzen Bankdirektoren auf der Anklagebank, die Vollständigkeitserklärungen für die Bilanz, die sie verantworten, unterschreiben, in denen das Gegenteil dessen behauptet wird, was Tatsache ist. Da sitzen Juristen auf der Anklagebank, die erklären, wie sie das liechtensteinische Bankwesengesetz umgangen haben, einer ist noch heute „stolz darauf“.

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