Amoklauf-Übung am Gericht ohne Vorwarnung

Eine nicht angekündigte Amoklauf-Übung hat die Angestellten am Bezirksgericht Klagenfurt in Angst und Schrecken versetzt. Eine Mitarbeiterin verabschiedete sich telefonisch bei ihrer Familie, als am Gang geschossen wurde.

Was passiert, wenn jemand im Gericht Amok läuft - das war Gegenstand einer realistischen Übung, die am Dienstag nachgestellt wurde. Allerdings ohne die Beschäftigten darüber zu informieren. Es spielten sich traumatische Szenen ab.

Mit Leben abgeschlossen

Ein Hörer meldete sich beim ORF Kärnten, seine Ehefrau arbeite im Bezirksgericht Klagenfurt und sei - wie viele andere ihrer Kollegen - nicht über die Übung informiert worden.

Während der Übung seien Schüsse gefallen. Seine Frau habe sich eingesperrt, unter dem Tisch versteckt und ihren Mann angerufen. Sie verabschiedete sich von ihm und bat ihn, auf die Kinder aufzupassen. Seine Frau sei völlig verängstigt gewesen und habe mit ihrem Leben abgeschlossen. Im Hintergrund hörte der Ehemann durchs Telefon immer wieder Schüsse.

„Tote“ im Gang

Der Ehemann verständigte sofort die Polizei. Als seine Frau sich schließlich aus dem Zimmer wagte, lagen am Gang Menschen leblos am Boden. Sie dachte, ihre Kollegen seien tot, berichtete der Mann aus Klagenfurt. Erst dann stellte sich heraus, es war alles nur eine Übung. Auch am Mittwoch noch sei seine Frau völlig verängstigt in die Arbeit gegangen, so der Hörer gegenüber dem ORF Kärnten.

Gericht verteidigt Vorgehen

Am Mittwoch fand eine Dienststellenversammlung zur „Aufarbeitung“ statt. Am Bezirksgericht verteidigte man die Art und Weise der Übung.

Mediensprecherin Martina Löbel: „Die Übung war realitätsnahe, der Sinn solcher Übungen ist, dass man den Beteiligten die Möglichkeit gibt, etwaige Sicherheitsmängel zu zeigen. Die Übung wurde um 12.30 Uhr abgehalten, wo sich möglichst wenige Mitarbeiter und auch Parteien im Gericht befinden. Es hat auch keine Verhandlungen gegeben, und auch die Möglichkeit einer Besprechung mit allen Beteiligten nach der Übung.“

Psychologische Hilfe angeboten

Den Mitarbeitern des Bezirksgerichts wird jetzt psychologische Hilfe angeboten, um das Erlebte verarbeiten zu können. Dass niemandem Bescheid gesagt wurde, war Teil der Übung.

Löbl: „Die Übungsannahme war, dass sich im Bezirksgericht Klagenfurt ein Amokläufer mit einer Waffe befindet.“ Teil der Übung waren Schüsse und ein Verletzter, der von einem Polizisten dargestellt wurde. Ein Einsatzkommando sollte das Bezirksgericht stürmen. Das Ausmaß der Übung, die Dimension und die Planung seien nicht im Bereich des Bezirksgerichts gelegen, so Löbl.

Mitarbeiter belastet

Für die meisten Mitarbeiter war es nicht klar, dass es sich um eine Übung handelt - für sie könnte das noch lange Nachwirkungen haben, sagte AVS-Psychologe Kurt Kurnig. „Das sind Ängste, die sich weiterführen, oft wochenlang.“

Laut Gericht habe die Übung auch Sicherheitsmängel ans Tageslicht gebracht. Diese werden in den nächsten Tage aufgearbeitet.