Protest gegen Sonderschulschließung

Die 63 Schüler der Sonderschule Gutenberg in Klagenfurt sollen künftig in „Inklusionszentren“ mit Hort und Therapieangebot für beeinträchtigte Kinder im ganzen Land unterrichtet werden. Die betroffenen Eltern setzen dagegen alle Hebel in Bewegung.

Jahrzehntelang galt die Sonderschule Gutenberg in Klagenfurt mit angeschlossenem Behindertenförderzentrum als Vorbild. Ihre Schießung wurde nun politisch fixiert, obwohl die Regierung im März die Generalsanierung des Sozialpädagogischen Zentrum Kärnten (BFZ) um zehn Millionen beschlossen hatte.

„Halbe“ Lösung befürchtet

Die Lehrerinnen, Sozial- und Behindertenpädagogen, Therapeutinnen und nicht zuletzt die Eltern der betroffenen 63 Kinder haben Angst vor einer „halben“ Lösung. Dass die Gutenbergschule geschlossen wird, haben sie von Soziallandesrat Christian Ragger (FPK) beim Elternabend erfahren und sind entrüstet.

Barbara Kokarnig ist eine der betroffenen Mütter. Sie hat einen elf Jahre alten Sohn, der an Autismus leidet. „Ich habe vier Jahre lang teilweise die Hölle erlebt. Ich wurde angerufen und mir wurde gesagt, ich solle mein Kind abholen, weil es tobt. Er [ihr Sohn, Anm.] ist seit eineinhalb Jahren hier. Noch nie hat mir jemand gesagt, dass ich mein Kind abholen muss, weil es nicht mehr geht“, sagt Kokarnig. „Seit er hier ist hat er zum ersten Mal Erfolgserlebnisse unter Gleichgesinnten. Ich würde meinen Sohn nie mehr woanders hingeben“, so die besorgte Mutter weiter.

Ragger beruft sich auf Vorgabe

Dass die Integration behinderter Kinder nicht optimal läuft, bestreitet Sozialreferent Christian Ragger gar nicht. Dennoch setzt er auf diesen Weg, der auch europaweit vorgegeben ist.

„Wir sind gezwungen, Kleinklassen für Kinder, die eine Beeinträchtigung haben, aufzubauen. Wir haben jetzt vorgezeigt, wie so etwas funktionieren kann, indem wir von Spittal/Drau bis Klagenfurt Zentren geschaffen haben, die jetzt alle in Bau sind und in zwei Jahren fertiggestellt sein sollen, sodass wir die Kinder 1:1 überführen können.“

„Kinder sollen keine Versuchskaninchen sein“

Keines dieser Inklusionszentren ist fertig, deshalb gibt es auch noch keine Erfahrungen damit, kritisieren die Eltern. Elke Waldner, eine betroffene Mutter: „Meine Sorge ist, dass das mit den Ressourcen, die wir hier für unsere Kinder haben, dort nicht funktionieren wird. Ich möchte nicht, dass unsere Kinder Versuchskaninchen sind. Unsere Kinder machen so schon viel mit und wir mit ihnen. Da müssen wir nicht noch etwas ausprobieren.“

Leiter: „Es braucht institutionelle Strukturen“

In der SFS Gutenberg gibt es den Kleinklassenunterricht längst, ebenso Internatsplätze, sowie ein Hort- und Therapieangebot. Dass Kinder möglichst nahe ihres Zuhauses integriert werden sollen, dem kann auch Heinrich Burgstaller, Leiter des sozialpädagogischen Zentrums, etwas abgewinnen: „Man soll dabei aber nicht vergessen, dass es auch institutionelle Strukturen braucht, die als Kompetenzzentren weiterhin funktionieren sollen.“

Schulschließung nicht vor 2014 vorgesehen

Genau diese Rückkehrmöglichkeit, falls die Inklusionszentren nicht funktionieren, wird jedoch es nicht geben, lässt Ragger keinen Zweifel: „Die Schule in der Gutenbergstraße wird bis zum Jahr 2013/14 sicher nicht geschlossen werden, weil wir bis dorthin eine Versorgung für den dezentralen Bereich aufbauen müssen. Danach wird es auf jeden Fall zu einer Schließung kommen.“

Ab 2016 keine Sonderschulen mehr

Das Schicksal der Gutenbergschule scheint damit also besiegelt. Bis 2016 soll es überhaupt keine Sonderschulen mehr geben, wie es EU und Bundesregierung vorschreiben. Wie es den 270 Sonderschulkindern mit Beeinträchtigung, die es kärntenweit gibt, dann gehen wird, lässt sich heute nicht abschätzen.

Behindertenanwaltschaft: Missstände aufzeigen

Die Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung werde keine Verschlechterung bei der Begleitung und Förderung der Schulkinder mit Behinderungen im Zuge einer Verkleinerung bzw. Umstrukturierung des BFZ Klagenfurt akzeptieren und drohende Probleme umgehend aufzeigen, teilte Isabella Scheiflinger, Kärntner Anwältin für Menschen mit Behinderung, am Sonntagabend in einer Aussendung mit. Um die Einführung der Inklusionszentren möglichst reibungslos zu gestalten, seien parallele Reformen und Begleitmaßnahmen im Schulbereich nötig.

Die Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung fordert schon länger eine Gesetzesänderung, Bildungsreform und eine Änderung des Lehrerzuteilungsschlüssels.