„Aufgezeigt“: Undurchsichtige Kassentarife

Nach der Geburt ihres zweiten Kindes war eine Kärntnerin von Schmerzen geplagt, bekam bei Kassenärzten aber keinen Termin. Ein Wahlarzt konnte ihr helfen, von 400 Euro Honorarkosten zahlte die Kasse aber nur 60 Euro zurück. Um undurchsichtige Tarife geht es diesmal in „Aufgezeigt“.

Ines Vogl aus Weitensfeld hat eine folgenschwere Geburt ihres zweiten Sohnes Clemens im Mai hinter sich. „Es haben sich bei mir extrem starke Rückenschmerzen eingestellt, ich bin nicht einmal mehr aus dem Bett gekommen. Daraufhin wollte ich zu einem Kassenorthopäden, es hatte in meiner Gegend aber keiner einen Termin vor Jänner.“ Praktische Ärzte konnten ihr nicht helfen.

Aufgezeigt Wahlarzt Honorare Ines Vogel

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Ines Vogl hatte große Schmerzen und konnte nicht monatelang auf einem Termin warten

Schließlich ging sie zu einem Wahlarzt. Dieser stellte fest, dass sie einen Bandscheibenvorfall und eine Beckensprengung bei der Geburt erlitten hatte. „Daraufhin bin ich oft behandelt und eingespritzt worden.“ Auch beim Osteopathen war sie in Behandlung. Insgesamt habe sie 400 Euro bezahlt und bei der Gebietskrankenkasse eingereicht, zurück bekam sie rund 60 Euro. Der Leidensweg dauerte sechs Monate, nun ist Indes Vogel wieder schmerzfrei.

Für Patienten kaum zu durchschauen

Bis heute hat Frau Vogl keine schlüssige Abrechnung der Kasse, was übernommen wurde und warum so wenig. Bei einer Nachfrage per Telefon bekam sie auch keine Auskunft, es hieß, das sei einfach so.

Aufgezeigt Wahlarzt Honorare Ines Vogel

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Maximilian Miggitsch: Nur 80 Prozent des Kassentarifs werden retourniert

Maximilian Miggitsch von der Gebietskrankenkasse sagte auf Anfrage der „Aufgezeigt“-Redaktion, dass der Patient bei Wahlarztkosten 80 Prozent davon bekomme, was ein Kassenarzt bekäme. Der Irrglaube sei oft, dass die Patienten meinen, sie bekämen 80 Prozent dessen, was sie bezahlt hätten. Aber es seien nur 80 Prozent des Kassentarifs. Ein Patient könne nur schwer durchschauen, was er bekomme. „Wir sind aber gerne bereit, detaillierte Auskünfte zu erteilen“.

Nur 20 Euro für eine große Ordination

Ärzte mit Kassenvertrag müssen eine Tarifordnung einhalten. Für eine so genannte große Ordination bekommt ein Arzt nicht ganz 20 Euro. Wenn ein Patient während eines Quartals mehrere Behandlungen braucht, zahlt die Kasse gar nichts mehr, so Miggitsch: „Das Limit hat die Begründung darin, dass das ASVG vorsieht, dass die Kasse Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung vereinbaren muss. In den Ordinationen gibt es das Limit, da gibt es maximal 8,5 Punkte. Alles was über diese Punkte hinausgeht, bekommt der Arzt nicht bezahlt.“

Aufgezeigt Wahlarzt Honorare Ines Vogel

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Heute ist Ines Vogl wieder schmerzfrei

Die Punkte sind genau aufgeschlüsselt nach Behandlungsschritten und mit Eurobeträgen unterlegt. Ein Kassenarzt arbeitet also gratis, wenn der Patient öfter kommt. Wenn man öfter zu einem Wahlarzt gehe, dann müsse man selbst zahlen, so Miggitsch. Im Fall von Ines Vogel wurde die Abrechnung noch einmal überprüft und für richtig befunden. Es gibt für sie also nicht mehr Geld.

Sendungshinweis:

„Aufgezeigt“, 16. Jänner 2018

Kassenärzte müssen Punktesytem einhalten

Wilhelm Kerber von der Ärztekammer sagt, die Tarife seien bescheiden bemessen. Braucht man nur ein Rezept vom Kassenarzt, verrechnet dieser eine „kleine Ordination“ und bekommt dafür drei Euro. Aber nur dann, wenn man im gleichen Quartal noch nicht zu oft bei ihm war. Sonst gilt wieder das Limit der Kasse und der Arzt bekommt gar nichts. Laut Kerber sei diese Begrenzung einseitig von der Kasse vorgegeben. Wenn ein Arzt mehr Punkte als 8,5 pro Patient verbrauche, bekomme er nicht mehr bezahlt.

Eine normale große Ordination mit Erhebung der Krankengeschichte, Beratung und Behandlung mache etwa sechs Punkte aus. Zwei große Ordinationen pro Quartal seien also nicht verrechenbar. Die Krankenversicherung wolle die Kosten begrenzen, sie wisse ja, dass es mehr Konsultationen gebe, so Kerber. Jedes Quartal arbeiten die Kassenärzte rund zu einem Drittel gratis, wenn die Patienten mehr Behandlungen brauchen.

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