„Aufgezeigt“ zum Thema „nicht arbeitsfähig“

Marjeta Paulic ist geistig beeinträchtigt und lebt auf dem elterlichen Brillenschafhof in Ebriach/Obirsko. Sie gilt als nicht arbeitsfähig, doch damit wird sie immer von anderen Menschen abhängig sein. Zusammen mit „Aufgezeigt“ wurde eine Lösung gefunden.

24.000 Betroffene österreichweit gelten, wie Marjeta, als „nicht arbeitsfähig“. Diese Einstufung vom Arbeitsmarktservice und der Pensionsversicherungsanstalt bedeutet aber, dass Marjeta lebenslang auf ihre Eltern angewiesen ist und niemals eine eigene Pension bekommen kann. Denn mit dieser Einstufung wird sie keinen Job finden. Marjetas Eltern Vida und Valentin Paulic haben alles versucht,damit Marjeta eigenständig leben kann. Die Tochter ist 27, Mutter Vida hat keine Kraft mehr für den Kampf gegen Windmühlen: „Sie bekommt eine Familienbeihilfe und Pflegegeld Stufe 1. Weil sie die erhöhte Familienbeihilfe bekommt, werden 60 Euro abgezogen. Mehr Einkommen hat sie nicht.“

Aufgezeigt Marjeta Paulic nicht arbeitsfähig Eltern am Tisch

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Marjeta mit ihren Eltern

470 Euro pro Monat

470 Euro pro Monat bekommt Marjeta, die Eltern müssen für sie sorgen bis zum Tod, danach bekommt sie eine Waisenpension. „Nicht arbeitsfähig“ bedeutet, dass Marjeta höchstens in einer Behindertenwerkstätte arbeiten kann, ohne Pensionsversicherung, um ein paar Euro Taschengeld. Marjeta will lieber Zuhause bleiben. Sie erzählt, was sie am Hof alles macht: „Schafe füttern, Wasser geben, ausmisten, Geschirr aufräumen, Wäsche aufhängen, staubsagen und abstauben.“ Der Hof ist es dann auch, der einen Ausweg bietet.

Aufgezeigt Marjeta Paulic Brillenschafe

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Die Familie züchtet Brillenschafe

Behindertenanwältin kritisiert Rechtslage

Behindertenanwältin Isabella Scheiflinger überprüfte, ob Marjeta, die an beiden Hüften operiert ist, zumindest höheres Pflegegeld beantragen könnte. Sie empfiehlt einen Erhöhungsantrag, vorher gebe es noch eine Begutachtung. Sonst gibt es keine guten Neuigkeiten für Marjeta. Sie hat, wie alle „nicht arbeitsfähigen Menschen mit Behinderung“ wenig Chancen, bestätigt Isabella Scheiflinger und eine Menge gravierender Nachteile: „Die meisten Menschen arbeiten in Beschäftigungswerkstätten um ein Taschengeld, sie sind mitversichert und haben keine eigene Versicherung. Das heißt, kein Arbeitslosengeld und keine Pension.“

Aufgezeigt Marjeta Paulic nicht arbeitsfähig Eltern am Tisch

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Marjeta mit Eltern und Bruder

Die Anwaltschaft sagt, jeder Mensch mit Behinderung müsse laut UN das Recht haben, seinen Lebensunterhalt selbst verdienen zu können. Das sei aber nicht möglich, so Scheiflinger.

Sendungshinweis:

Aufgezeigt, 21. November 2017

Marjeta kann Hof bewirtschaften

Johanna Skof von der Landwirtschaftskammer versteht Marjetas Mutter Vida und sagte, das Ziel wäre es, eine Versorgung und Versicherung für das ganze Leben zu erreichen. Eine eigene Pensionsversicherung könnte erreicht werden, wenn Marjeta den Betrieb mit Mutter oder Vater auf gemeinsame Rechnung und Gefahr bewirtschaftet. Sie habe ja bis jetzt mitgearbeitet. Wenn sie Bewirtschafterin werde, bekomme sie eine Sozialversicherung, so die Expertin. Damit werde sie auch eine Eigenpension bekommen, weil sie künftig Beiträge einzahlen müsse.

Sozialversicherungsbeitrag wird übernommen

Das könnte klappen, signalisierte die Sozialversicherung für Bauern. Johanna Skof wird die Familie begleiten, bis alle Verträge fertig sind. Marjeta wird Betriebsführerin. Einziger Wermutstropfen sind die Kosten von 84 Euro der Sozialversicherung, die zusätzlich bezahlt werden müssen.

Sigrid Samm von der Sozialabteilung des Landes hat das Kärntner Chancengleichheitsgesetz umzusetzen: „Der Behörde sind solche Fälle nicht unbekannt, es sind uns aber die Hände gebunden, weil die Vorsorge von Menschen mit Behinderung Bundessache ist. Die Mehrkosten könnten wir aber als Unterstützungsleistung übernehmen. Das ist aber ein Sonderfall und eine Einzellösung.“ Damit wurde für Marjeta eine Lösung gefunden.

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