Ein Jahr warten auf Star-Operation

Im neuesten Fall von „Aufgezeigt“ geht es um die extrem langen Wartezeiten bei Augenärzten und in der Augenabteilung der Spitäler. Dass Patienten auf eine Katarakt-Operation bei Grauem Star ein Jahr lang warten müssen, ist nicht selten.

Die 86-jährige Kärntnerin Hannelore sieht die Welt verschwommen. Ihre Tochter Brigitte Pontasch erzählt, dass ihre Mutter auf einem Auge blind ist, mit dem anderen sieht sie sehr schlecht, sie könne nur Umrisse erkennen. Im Oktober habe der Augenarzt die Diagnose Grauer Star und Sehleistung von 40 Prozent gestellt. Der Arzt empfahl die Katarakt-Operation.

Aufgezeigt Wartezeiten Augenoperation Grauer Star

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Getrübte Linse bei Grauem Star. Besonders wichtig ist bei der Vorsorge die Augendruck-Prüfung.

Wartezeit elf Monate war Familie zu lange

Erst am 17. November 2017 hätte sie einen Untersuchungstermin am Klinikum Klagenfurt bekommen. So lange wollte sie nicht warten und wandte sich an die Aufgezeigt-Redaktion. Ein Jahr zu warten wollte sie der 86-jährigen Mutter nicht zumuten, so Pontasch. Trotz des hohen Alters, halbseitiger Blindheit und der schlechten Sehleistung des anderen Auges gilt Frau Hannelore aber nicht als dringender Fall. 2.000 Patientinnen und Patienten stehen auf der Warteliste für die Star-Operation am Klinikum. Bei Katarakt-Patienten entscheidet der Sehtest in drei Stufen, wann operiert wird. Patienten mit Stufe 1 sehen sehr wenig, sie kommen rasch dran. Frau Hannelore wurde in Stufe drei eingeteilt.

Aufgezeigt Wartezeiten Augenoperation Grauer Star

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Primar El Shabrawi erklärt Frau Hannelore, dass sie nicht akut operiert werden muss

Neuerliche Untersuchung: OP hilft kaum

Zusammen mit dem Aufgezeigt-Team kam die Patientin auf die Augenambulanz am Klinikum Klagenfurt und wurde gleich untersucht. Das Ergebnis war nicht gut, sie hat auch eine Trübung der Linse. Zusätzlich habe sie Zeichen einer Makuladegeneration. Es gebe keine akute Notwendigkeit zu operieren, denn auch beim Tausch der Linsen werde die Patientin nicht viel besser sehen, sagte Primar Yusuf El Shabrawi. Man könne keine Wunder wirken.

Viele Patienten seien nach der OP auch enttäuscht, weil sie weniger sehen als vorher. Das Durchschnittsalter der Patienten für die Operationen liege bei 80 Jahren. Frau Hannelore bekommt jetzt vorerst eine neue Brille, helfe das gar nichts, werde man zumindest eine Operation versuchen, so der Primar. Dann habe der Patient das Gefühl, es sei alles getan worden.

Niedergelassene Ärzte: Lange Wartezeiten

Zugewiesen werden Katarakt-Patienten von niedergelassenen Fachärzten, laut El Shabrawi sollte das möglichst früh erfolgen. Aber auch dort braucht man Geduld, sechs Monate Wartezeit sind normal, obwohl viele Ärzte 60 Wochenstunden arbeiten. Karin Holzweber-Wernisch ist die Sprecherin der Augenärzte, Termine seien ein Geduldsspiel. Man könne entweder am selben Tag bei akuten Fällen einen Termin haben, wenn es nur um eine allgemeine Kontrolle gehe, müsse man bis zu sechs Monate warten.

Kärnten sei nicht unterversorgt, auf 20.000 Einwohner komme ein Augenfacharzt, das sei die Norm. Laut Holzweber-Wernisch arbeiten alle niedergelassene Ärzte sehr viel, es liege also nicht an der „Faulheit“ der Ärzte. Der Aufwand pro Patient habe sich aber verändert. Die Gebietskrankenkasse reagierte und genehmigte neue Stellen wie etwa in Ferlach. Unterstützung gebe es für den Augenarzt in Feldkirchen. Man suche jemanden für St. Veit und Völkermarkt. Allerdings werde das nicht den großen Unterschied bei den Wartezeiten machen, so Holzweber-Wernisch.

In Klagenfurt werden am Klinikum 5.000 Katarakt-Operationen pro Jahr durchgeführt, insgesamt sind es 8.000 in allen Kärntner Spitälern und Sanatorien. Damit liegt Kärnten auf Platz 3 in Österreich bei den Operationen.

Reaktionen der Politik

Das BZÖ bezeichnete die langen Wartezeiten als „unzumutbar, unerträglich und potenzielle Gefährdung der Versorgungssicherheit“. Neben dem Dahinschwinden der Mediziner auf dem Land sei das die nächste Mega-Baustelle der Gesundheitslandesrätin, so Willi Korark.

Die FPÖ fürchtet eine weitere Verschlimmerung der Situation bei den Augenärzten. Klubobmann Christian Leyroutz sagte, der Gesundheitsstrukturplan sehe vor, dass eine der derzeit sieben Kassenstellen nach Villach verlegt werde. Die Klagenfurter werden noch länger vertröstet. Villach sei besser versorgt als die Hauptstadt, so Leyroutz.

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Die Anliegen, die „aufgezeigt“ werden, sind persönliche Sorgen der ORF-Kunden aus allen Bereichen, zum Beispiel eine missglückte Autoreparatur, unverständliche Einsparungsmaßnahmen oder der drohende Wohnungsverlust. Alle Anliegen und Probleme können ab sofort an die Redaktion „Aufgezeigt“ per Post (ORF Kärnten, Sponheimerstraße 13, 9010 Klagenfurt) oder per eMail an aufgezeigt.kaernten@orf.at geschickt werden.