Patientenanwältin: Spitzenreiter Kunstfehler

Patientenanwältin Angelika Schiwek und ihr Team erkämpfen rund 500.000 Euro jedes Jahr für Patienten, die von ärztlichen Kunstfehlern betroffen sind. 350 diesbezügliche Vorwürfe gibt es pro Jahr, vor allem nach Operationen.

Beim Wort Kunstfehler horcht man auf. Niemand will zum Opfer werden, alle haben Angst, dass es sie trifft. Dennoch sind ärztliche Kunstfehler nicht so selten wie man vermuten könnte. Die einzelnen Anliegen seien höchst sensible Informationen, so Angelika Schiwek. Man sei zu Datenschutz und Verschwiegenheit verpflichtet.

Zu tun gebe es immer viel, Schiwek spricht von rund 350 Vorwürfen von Behandlungsfehlern pro Jahr. Die Zahlen seien in etwa gleich bleibend, manchmal seien sie auch geringer. Das könnte daran liegen, dass die Direktionen der Krankenanstalten vermehrt auf die Kommunikation mit den betroffenen Patienten setzen und fragen, ob sie zufrieden waren.

„Risiken bei Operationen bleiben“

Spitzenreiter bei den Beschwerden sei alles, was mit Operationen zusammenhängt, in allen Bereichen, so Schiwek. Es sei leider so, wenn man sich einer Operation unterziehe, gebe es immer Risiken, die auch bei größter Sorgfalt von den Ärzten nicht beherrscht werden können.

Ein aktueller Fall betrifft eine Patientin namens Margit aus Unterkärnten. Seit ihrer Bauchoperation kann sie noch immer nicht lange sitzen. Bei der OP habe es schwerste Komplikationen gegeben, die stehen so aber nicht in der Krankenakte, die das Krankenhaus vorlegte. Laut Margit heiße es dort, sie sei depressiv und einfach hysterisch. Die Schwester habe zu ihr gesagt, sie sei „wehleidig“. „Ich habe mich mit Schmerzen gewunden, bis es aufgebrochen ist.“

Darmverletzung kein schuldhaftes Verhalten

Die Patientin als Nummer: In Margits Fall wurde eine Darmverletzung übersehen. Patientenanwältin Schiwek kennt das zur Genüge: „Das empfindet man als dramatisch, bedrohlich, das ist klar. Aber die Verletzung eines Darms sei ein Operationsrisiko.“ Es ist schwierig für die Patientenanwältin, in Margits Fall ein schuldhaftes Verhalten der Ärzte festzustellen. Sie wisse, dass für den Laien der Unterschied zwischen dem Verursachen und sorglosem Verhalten des Arztes schwer zu verstehen sei.

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Stadt-Land und Mittagszeit; 27.12.2016

Sohn: Auf verlorenem Posten gegen Ärzte

Es sei eine schwierige juristische Frage, die man in kurzer Zeit nicht verständlich machen könne. Entscheidend seien bei der Patientenanwaltschaft immer die Beweise. In diesem Fall sei das die Krankenakte. Margits Sohn ist entsetzt: „Schlussendlich war es eindeutig so, dass ab dem zweiten dritten Tag nach der OP klar war, dass etwas nicht passt. Es habe geheißen sie sei wehleidig und starke Medikamenten seien gegeben worden, die auch zu Depressionen führen können.“ Die Ärzte hätten auch ihn nicht ernst genommen, so der Sohn. Man stehe da auf verlorenem Posten.

Antrag an den Härtefonds

In diesem konkreten Fall schlug die Patientenanwältin einen Antrag an den Härtefonds vor. Das wollte aber die Patientin nicht, sie wandte sich zunächst an einen Anwalt. Der habe zwar 5.000 Euro gekostet, aber nichts erreicht. Eine Klage gegen das LKH hätte Margit höchstwahrscheinlich verloren. Aus dem Härtefonds wird sie vielleicht eine Entschädigung bekommen. Schiwek sagte, die Patienten selbst dotieren diesen Fonds. Denn wenn sie stationär im Krankenhaus seien, zahlen sie pro Tag 73 Cent ein. Diese Auszahlung aus dem Härtefond ist einmalig und je nach Schwere des Falls gedeckelt. Von 500 bis 35.000 Euro wurden in der Vergangenheit schon ausgezahlt.

Servicestelle für alle Patienten

Abgesehen von den Beschwerden und Schadenersatzfällen versteht sich die Patientenanwaltschaft als Servicestelle: „Wir informieren über Patientenrechte, vor allem bei Patientenverfügungen und Vorsorgeregelungen. Wir sind auch die ELGA-Servicestelle.“ ELGA ist die elektronische Gesundheitsakte. Sie soll künftig alle Arztbriefe, Labor- und Röntgenbefunde bereitstellen. Mit Bürgerkarte oder Handysignatur könne jeder Patient per Internet seine eigene Akte einsehen.

„Wenn ich Hand auflegen könnte...“

Es ist nicht einfach, jeden Tag schlimme Patientengeschichten zu hören, aber Angelika Schiwek scheint außergewöhnlich belastbar: „Es ist die Einzigartigkeit, die die Arbeit ausmacht. Man kann nur im Rahmen seiner Möglichkeiten helfen. Wenn ich jemandem die Hand auflegen könnte und er wäre wieder jung und gesund, ich würde das machen.“

Links: