Ex-Politiker wegen Untreue vor Gericht

Am Landesgericht Klagenfurt hat am Dienstag der erste Prozesstag um eine BZÖ-Wahlkampfbroschüre aus 2009 stattgefunden. Harald Dobernig, Gerhard Dörfler, Uwe Scheuch und Stefan Petzner sowie zwei Vorstände einer Landesgesellschaft stehen wegen Untreue vor Gericht.

Laut Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wurden eine BZÖ-Broschüre und ein Werbefilm vom Land finanziert, der Schaden soll bei 219.000 Euro liegen. Die Anklagebank ist prominent besetzt: Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler, derzeit FPÖ-Bundesrat, die Ex-FPÖ- und –BZÖ-Politiker Harald Dobernig und Uwe Scheuch, BZÖ-Werber Stefan Petzner und die zwei Vorstände der Kärntner Landesimmobiliengesellschaft (LIG), Rene Oberleitner und Johann Polzer, müssen sich wegen Untreue vor Gericht verantworten.

Alle Angeklagten kündigten bereits an, sich nicht schuldig zu bekennen. Das Medieninteresse beim Prozessauftakt war groß. Kameraleute und Fotografen drängten sich um die ehemaligen freiheitlichen Regierungspolitiker, bis der Vorsitzende Richter Christian Liebhauser-Karl die Verhandlung eröffnete.

Prozess Wahlbroschüre BZÖ Tag 1

ORF

Reges Medieninteresse zu Prozessauftakt

Bis zu drei Jahre Haft möglich

Gutachter Georg Jeitler hatte festgestellt, dass die Broschüre einen Nutzen für die Partei gebracht hätte, jedoch so gut wie keinen Werbewert für Kärnten. Altlandeshauptmann Dörfler wird zudem vorgeworfen, er habe bei einem Bauvorhaben des Landes von der Firma, die den Zuschlag erhielt, einen „Sponsorbeitrag“ verlangt.

Bei einer Verurteilung könnten die Angeklagten bis zu drei Jahren Haft entgegensehen. Der Schöffensenat stellte zuerst die Personalien der sechs Angeklagten fest, danach begann Staatsanwalt Eberhard Pieber mit seinem Eröffnungsplädoyer.

Prozess Wahlbroschüre BZÖ Tag 1

ORF

v.l. Dörfler, Scheuch, Dobernig

Staatsanwalt holte weit aus

Um den Vorwurf genauer zu erklären, müsse er bezüglich der Vorgeschichte ein wenig ausholen, meinte Pieber. Er präsentierte die Wahlbroschüre, die über weite Strecken identisch mit Wahlkampfsujets des BZÖ im damals laufenden Landtagswahlkampf war. Zu sehen waren etwa das Logo des BZÖ und der Slogan „Garantiert.“.

Die als Standortwerbung titulierte Broschüre sei noch vom damaligen Landeshauptmann Jörg Haider initiiert worden, Dobernig sei zu dem Zeitpunkt Büroleiter Haiders gewesen. Nach dem Unfalltod des Landeshauptmannes im Oktober 2008 wurde die Broschüre, so der Staatsanwalt, dann neu gestaltet.

Anzeige kam von damaliger FPÖ

„Man wusste also, und das hat man auf den ersten Blick gesehen, das ist eine Wahlkampagne des BZÖ, daher hat auch die damalige FPÖ Anzeige erstattet“, so Pieber. Der vorgeworfene Schaden sei so berechnet, dass er sich nur auf die Kosten für die Umgestaltung der Broschüre und deren Herstellung beziehe. Foto- und Filmaufnahmen sowie die Gestaltung des DVD-Labels, die Vervielfältigung der DVDs und der Druck der Broschüre sowie der Versand hätten insgesamt Kosten von 219.169,42 Euro verursacht.

Dass alle sechs angeklagt sind, begründete Pieber im Detail. Dörfler habe an der Umgestaltung mitgewirkt und aus seinem Referat 5.000 Euro bezahlt, ebenso wie Scheuch. Petzner habe die Umgestaltung organisiert und sei Wahlkampfleiter des BZÖ gewesen. Dobernig habe ebenfalls an den Foto- und Filmaufnahmen mitgewirkt und sei bei zahlreichen Besprechungen dabei gewesen, da er als Finanzlandesrat Eigentümervertreter der Landesimmobiliengesellschaft LIG gewesen sei, die das Projekt abgewickelt habe.

Wahlkampfbroschüre BZÖ

APA/Ferdinand Hafner

Scheuch, Dörfler und Dobernig (von links) in der Wahlkampfbroschüre aus dem Jahr 2009

Alle hätten von Kosten gewusst

Das Ganze habe perfekt funktioniert, die Broschüre sei rechtzeitig knapp vor der Wahl fertig gewesen und verschickt worden. Alle Angeklagten hätten gewusst, dass das Projekt entsprechende Kosten nach sich ziehen würde. Sie seien daher alle zur ungeteilten Hand für den gesamten Schaden verantwortlich. Pieber konterte vorab auch Gegenargumente der Angeklagten.

„Sie werden vielleicht hören, dass ja das BZÖ von vorne herein die Rechnungen bezahlen wollte.“ Dies sei erstens unglaubwürdig, zudem würden inzwischen Petzner und die LIG-Vorstände Rene Oberleitner und Johann Polzer zugeben, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Die Angeklagten außer Petzner hätten auch argumentiert, sie hätten nicht gewusst, wie das Endprodukt aussehen würde. Dies sei, so Pieber, vollkommen unglaubwürdig, die Spitzenfunktionäre der Partei „haben natürlich alle gewusst, was geplant war“.

Harald Dobernig Prozess Wahlkampfbroschüre

APA/Gert Eggenberger

Harald Dobernig

Dörfler soll Sponsoring verlangt haben

Altlandeshauptmann Dörfler warf Pieber zudem Vorteilsannahme vor. Dörfler habe vom Bestbieter eines Bauprojekts am Loibltunnel einen Sponsoringbeitrag von ein bis drei Prozent der Auftragssumme gefordert. Das Geld sei für Verkehrssicherheitsprojekte gedacht, so Dörflers Begründung.

Damit seien Verbandskästen, Arbeitshandschuhe und Ähnliches angeschafft und verteilt worden, auf denen überall Dörflers Name zu finden gewesen sei. Damit habe er auch für sich einen Vorteil lukriert. Dass die Baufirma abgelehnt und nicht bezahlt habe, sei für das Delikt unerheblich.

Anwalt: Anklage „politisch motiviert“

Dobernig-Anwalt Leopold Wagner ortete im Vorfeld eine „politisch motivierte Anklage“. Dobernig habe mit der Broschüre nichts zu tun gehabt. Bei den Inseraten von Ex-Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) habe man das Verfahren eingestellt, betont der Anwalt. Im September 2016 wurde Dobernig wegen Untreue in der Causa Birnbacher verurteilt, im Jänner wurde sein Fußfesselantrag bewilligt - mehr dazu in Fußfessel für Ex-FPK-Landesrat Dobernig.

Stefan Petzner Prozessauftakt Wahlbroschüre

APA/Gert Eggenberger

Stefan Petzner

Alle sechs plädierten „nicht schuldig“

Alle sechs Angeklagten im Untreue-Prozess um die BZÖ-Wahlbroschüre am Landesgericht Klagenfurt die Vorwürfe des Staatsanwalts zurück und plädierten auf „nicht schuldig“. Petzners Anwalt Ferdinand Lanker wies namens seines Mandanten den Untreue-Vorwurf zurück. Petzner habe mit der Finanzierung der ganzen Broschüre nichts zu tun gehabt. Er habe bei der Umgestaltung der Broschüre seine Befugnisse nicht missbraucht. Es brauche zumindest einen bedingten Vorsatz der Schädigung, das werde im Verfahren zu widerlegen sein. Petzner sei auch nicht davon ausgegangen, dass die anderen ihre Befugnisse missbrauchen würden.

„Haider und Petzner federführend“

Gerd Tschernitz, Verteidiger Gerhard Dörflers, betonte, federführend in der Causa seien Haider und Petzner gewesen. Zuerst habe es ihn nicht betroffen, als er plötzlich die Funktion des Landeshauptmannes übernehmen habe müssen, habe er viel zu viel Arbeit gehabt, als dass er sich um eine Wahlkampagne hätte kümmern können, er sei dafür nicht verantwortlich gewesen.

Uwe Scheuchs Anwältin Ulrike Pöchinger wies darauf hin, dass der Gutachter sehr wohl auch für das Land einen Werbewert gesehen habe, in der Höhe von fünf bis 15 Prozent. „Es liegt ein Nutzen vor und kein Schaden“, konstatierte sie. Für das Land sei das Ganze geradezu ein Schnäppchen gewesen. Selbst bei der Annahme der unteren Grenze habe das Land nämlich weniger gezahlt als den Werbewert. Auf die Zahlungen der Landesgesellschaften für die Broschüre ging Pöchinger nicht ein.

Er schließe sich den Argumenten seiner Vorrednerin an, meinte Harald Dobernigs Anwalt Leopold Wagner. Vor Gericht stehe ein System, das in Österreich nicht unüblich sei. So sei gerade die Privatstiftung des niederösterreichischen Landeshauptmannes Erwin Pröll in Diskussion. Er sei gespannt, ob die Korruptionsstaatsanwalt auch in dieser Causa aktiv werde.

Anwalt weist Schuld Petzner zu

Als „völlig unschuldig“ bezeichnete Rechtsanwalt Richard Soyer seinen Mandanten Rene Oberleitner, Vorstand der Landesimmobiliengesellschaft, die das Projekt abgewickelt hatte. Dieser habe sich nur einmal hinreißen lassen, an der Vernebelung der Umstände mitzuwirken, das sei ein großer Fehler gewesen. Soyer wies die Verantwortung Petzner zu, dieser habe mit seinen eigenmächtigen Veränderungen der Wahlkampfbroschüre erst dafür gesorgt, dass die inkriminierte Broschüre überhaupt existiert habe.

Die Umgestaltung der Broschüre von der Präsentation Jörg Haiders auf die Nachfolger sei eine wirtschaftliche Fehlentscheidung gewesen, doch sei man unter enormem finanziellen Druck gestanden, da ja bereits mehr als 200.000 Euro in das Projekt geflossen gewesen seien. Danach hätten sein Mandant und dessen Vorstandskollege Johann Polzer alles unternommen, um den Schaden für die LIG zu minimieren, diese Bemühungen seien besonders hervorzuheben. Und selbst wenn man Untreue konstruiere, so hätten die LIG-Vorstände tätige Reue geübt, indem sie den Schaden wiedergutgemacht hätten.

Polzers Anwalt Martin Mutz wunderte sich über die Anklage, die von einem Tatplan ausgehe und sich dabei auf eine einzige Besprechung berufe. Bei dieser habe man aber lediglich entschieden, in der bereits fertiggestellten Broschüre Jörg Haider herauszunehmen und seine Nachfolger einzufügen. Sein Mandant bedauere, damals bezüglich der Vereinbarung über die Finanzierung nicht die Wahrheit gesagt zu haben.

Links: