HCB: Grüne fordern einheitliches Anlagerecht

Die Grünen wollen nach dem Auffliegen der HCB-Affäre im Görtschitztal mittelfristig umfassende Konsequenzen auf behördlicher Ebene sehen. Die Genehmigung und Kontrolle von potenziell gefährlichen Industrieanlagen sollten in einem Verfahren bzw. bei einer Behörde konzentriert werden.

Es gehe insgesamt um ein ganzes Maßnahmenpaket, erklärte die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig am Sonntag gegenüber der APA. Dieses sei mit den Grünen Umweltlandesräten bereits akkordiert.

„Wir haben uns in den vergangenen Tagen natürlich darüber ausgetauscht, was man tun könnte, um solchen Zwischenfällen vorzubeugen“, sagte die Politikerin. Zugleich müssten auch die Möglichkeiten zum schnellen Eingreifen zum Schutz von Bevölkerung und Umwelt in solchen Krisenfällen wie jenem aktuell im Görtschitztal geschaffen werden.

Glawischnig gegen Mitverbrennung gefährlicher Abfälle

Die Grüne Bundessprecherin: „Wir brauchen ein einheitliches Anlagerecht in Österreich mit einem ‚One-Stop-Shop‘ bei Genehmigung und Kontrolle gefährlicher Anlagen. Die Mitverbrennung von gefährlichen Abfällen in Zementwerken sollte gestoppt werden. Wir haben genug Kapazitäten in den eigentlichen Müllverbrennungsanlagen. Die AGES sollte eine ‚schnelle Eingreiftruppe‘ für solche Krisenfälle haben.“

Die Mitverbrennung von gefährlichen Abfällen in den Zementwerken sei so etwas wie ein „Geschenk“, da diese dafür bezahlt bekämen. Die AGES sollte die Möglichkeit zur schnellen Beweissicherung im akuten Anlassfall besitzen, damit die zuständigen Behörden möglichst schnell auf der Basis der Daten dieser unabhängigen Prüfstelle zum Schutz der Bevölkerung reagieren könnten, so Glawischnig.

Grüne orten Defizite im Betriebsanlagenrecht

An sich handelt es sich speziell bei den Forderungen nach Änderungen im Anlagerecht um ein Thema, das in der Vergangenheit in Österreich immer wieder diskutiert worden ist. „Das zersplitterte Anlagenrecht geht zulasten der Umwelt. Der Fall Mitverbrennung gefährlicher Abfälle in einer Zementfabrik in Kärnten zeigt wieder einmal die Defizite des österreichischen Betriebsanlagenrechts auf. Es ist nur eine Anlage, doch schon im Bereich Luftreinhaltung, sind zwei Behörden zuständig.“

Für die Produktion des Zements sei die Gewerbebehörde zuständig, für die Mitverbrennung des Abfalls die Abfallbehörde. „Zwei Bundesgesetze, zwei Landesräte in der mittelbaren Bundesvollziehung, zwei Minister als oberste Behörden“, heißt es dazu in einem akkordierten Hintergrundpapier der Grünen.

Auch Gesetzeslage diffus

Das österreichische Anlagenrecht sei zersplittert. Je nach Anlagenart und Umweltmedium kämen jeweils andere Gesetze zum Zug. Für eine Anlage seien dann oft mehrere Genehmigungen einzuholen. Die Wirtschaft hätte daher in der Vergangenheit immer auf Konzentration dieser Genehmigungen in einem Verfahren gedrängt. Im Fall von UVP-Anlagen hätte der Gesetzgeber dem entsprochen.

Auch reine Abfallentsorgungsanlagen kämen „in den Genuss eines konzentrierten Verfahrens“. Für alle diese Fälle gebe es aber keine Konzentration der Kontrolle der Anlagen. Auch bei unter das Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetz fallende Anlagen seien bei der laufenden Kontrolle wiederum verschiedene Behörden zuständig.

Einheitliche Behörde gefordert

„One-Stop-Shop bei Genehmigung und Kontrolle gefährlicher Industrieanlagen. Wir fordern eine einheitlich zuständige Behörde für Genehmigung und Kontrolle gefährlicher Industrieanlagen“, heißt es in den Hintergrundinformationen der Grünen zu ihren Forderungen. Eva Glawischnig am Sonntag: "Diese Behörde sollte bei der Umweltbehörde angesiedelt sein.

Die Mitverbrennung von gefährlichen Abfällen solle nur noch in Anlagen erfolgen dürfen, die spezielle Auflagen ähnlich von Sondermüllverbrennungen erfüllten. Bei der Entsorgung sei ein strengeres permanentes Monitoring aller umweltrelevanter Auflagen von unabhängigen Überprüfungsstellen (zum Beispiel das Umweltbundesamt) einzuhalten. „Im Anlassfall benötigt es eine spezialisierte ‚Schnelleingreiftruppe‘ der AGES zur umfassenden Abklärung und Beweissicherung“, forderten die Grünen.

Beratungen im Görtschitztal laufen

210 Menschen haben bis jetzt das Angebot von Vor Ort Beratungen im Görtschitztal in Anspruch genommen. Die Gespräche mit Ärzten finden statt, um herauszufinden, in welchem Ausmass die Betroffenen im Görtschitztal einer Belastung mit Hexachlorbenzol ausgesetzt waren.

Am Mittwoch findet der nächste Beratungstag in der Gemeinde Hüttenberg statt. Aus den bisherigen Gesprächen gingen laut einer Aussendung des Landes 65 Wünsche nach Bluttests hervor. An Wochentagen ist die Hotline des Landes unter der Nummer 050/536 15121 besetzt.

SPÖ und Grüne für verstärkte Sicherheitsmaßnahmen

Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) sprach sich für die Überarbeitung der Liste der gefährlichen Stoffe aus, um dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung entsprechen zu können.

Rolf Holub von den Grünen und auch die Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, forderten eine Stärkung der Umweltkontrolle und entsprechende gesetzliche Verbesserungen auf Bundesebene. Die Kärntner Grünen werden am Dienstag in der Sitzung der Landesregierung eine Resolution an den Bund einbringen.

Filzmaier zu Folgen des HCB-Skandals

Wegen des HCB-Skandals sind nicht nur die Wietersdorfer Zementwerke, sondern auch die Abteilungen der Landesregierung sowie die Dreierkoalition mit massiven Vorwürfen konfrontiert. Politologe Peter Filzmaier analysierte mögliche Folgen für die Politik - mehr dazu in Politische Folgen des HCB-Skandals.

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